Angewendete Rechnungslegungsstandards
Im SPI (vgl. Abbildung 11) wendet 2016 mehr als die Hälfte der Unternehmen die International Financial Reporting Standards (IFRS) als Rechnungslegungsstandard (58%) an. Neben IFRS findet Swiss GAAP FER als Rechnungslegungsstandard bei knapp einem Drittel der Unternehmen ebenfalls grosse Anwendung. US GAAP wird 2016 lediglich noch von 5% und das Bankengesetz von 8% der Unternehmen verwendet. Bei den 20 grössten börsenkotierten Unternehmen sieht die Situation etwas anders aus: Im SMI wenden fast drei Viertel der Unternehmen IFRS (70%) an, ein Viertel US GAAP und lediglich ein Unternehmen (Swatch Group) Swiss GAAP FER. Dass im SMI nur ein einziges Unternehmen Swiss GAAP FER anwendet, liegt an der unterschiedlichen Ausrichtung der beiden Standards: Sowohl Swiss GAAP FER als auch IFRS sind kapitalmarktorientiert und somit vorrangig auf die Interessen der Investoren ausgerichtet, wobei sich Swiss GAAP FER an national orientierte Unternehmen und Investoren richtet.
Unter den SPI-Unternehmen findet neben IFRS, mit einem Anteil von 58%, Swiss GAAP FER als Rechnungslegungsstandard, bei knapp einem Drittel der Unternehmen, ebenfalls grosse Anwendung (Stand 31.12.2016).
Abbildung 11 RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS SPI
IFRS dagegen richtet sich an internationale Unternehmen. Internationale Kapitalgeber bevorzugen IFRS, da dieser Standard in ca. 120 Ländern vorgeschrieben oder gestattet ist, wodurch die Vergleichbarkeit von Abschlüssen weltweit ermöglicht wird. Swiss GAAP FER dagegen ist ein Schweizer Rechnungslegungsstandard, der für kleine sowie mittlere Unternehmen mit nationaler Ausrichtung ausgelegt ist. Die Unternehmen müssen sich somit bei der Wahl des Standards im Klaren über ihre Adressaten sein. Im Fokus kotierter Unternehmen sind dabei die Eigenkapital- und Kreditgeber. Dabei sind die geografische Herkunft des Aktionariats und der Kapitalgeber bedeutend, da diese erreicht und ihre Informationsbedürfnisse erfüllt werden müssen.
Obwohl sich Swiss GAAP FER an eher kleinere kotierte Unternehmen mit nationaler Ausstrahlung richtet, erzielen 69% derjenigen Unternehmen, die in letzter Zeit von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, zwischen CHF 100 und 500 Mio. Nettoumsatz. Aufgrund ihrer Grösse atypische Vertreter von Gesellschaften, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, sind die beiden Grosskonzerne Swatch und Georg Fischer. Als 2005 die SIX Swiss Exchange neu von den am Main Standard kotierten Gesellschaften verlangte, entweder US GAAP oder IFRS anzuwenden, entschlossen sich einige der damaligen Swiss- GAAP-FER-Anwender, auf IFRS umzustellen. Derzeit erlebt jedoch Swiss GAAP FER eine Renaissance bei börsenkotierten, aber auch bei privaten, nicht börsenkotierten Unternehmen. Viele dieser Unternehmen nennen als Gründe für den Wechsel die Praxisnähe von Swiss GAAP FER, verbesserte Aufwand-Nutzen-Verhältnisse sowie die Anpassung an schweizerische Gegebenheiten.
Dass noch mehr Unternehmen zu Swiss GAAP FER wechseln, könnte IFRS 9 „Finanzinstrumente“, aber vor allem auch IFRS 16 „Leasingverhältnisse“ geschuldet sein. Letzterer wird für Geschäftsjahre, welche am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen, verpflichtend anzuwenden sein und regelt die Bilanzierung von Leasingverträgen neu. Alle Leasingverhältnisse und die damit verbundenen vertraglichen Rechte und Verpflichtungen werden beim Leasingnehmer grundsätzlich in der Bilanz erfasst. Damit entfällt nach IFRS die bisherige erforderliche Unterscheidung zwischen Finanzierungs- und Operating-Leasing. Somit wird während der Laufzeit des Leasingvertrags die Leasingverbindlichkeit, ähnlich den bisherigen Regelungen für Finanzierungs- Leasingverhältnisse, finanzmathematisch fortgeschrieben, während das Nutzungsrecht planmässig amortisiert wird. Dies führt grundsätzlich zu höheren Aufwendungen zu Beginn der Laufzeit eines Leasingvertrags. Da dadurch die Verbindlichkeiten erhöht werden und so die Bilanz verlängert wird, scheint diese Neuerung für viele Unternehmen wenig attraktiv. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die FER-Kommission zurzeit keine Pläne hegt, Swiss GAAP FER 13 „Leasingverhältnisse“ anzupassen.
Revisionshonorare bei Wechsel auf Swiss GAAP FER
Für viele Unternehmen scheinen die mit der erwähnten Komplexität der neuen IFRS- Standards verbundenen Kosten ein wichtiger Faktor für einen Wechsel zu Swiss GAAP FER zu sein. In der Tat verzichtet Swiss GAAP FER bewusst auf zu detaillierte Regeln, wie sie in IFRS zum Teil enthalten sind. Dies lässt vermuten, dass bei Anwendung der weniger komplexen Swiss GAAP FER die Revisionshonorare sinken. Um dieser Vermutung nachzugehen, wurden im Rahmen einer Abschlussarbeit am Lehrstuhl für Auditing and Internal Control der Universität Zürich die Revisionshonorare von 24 börsenkotierten Schweizer Unternehmen analysiert, die zwischen 2009 und 2013 von IFRS auf Swiss GAAP FER umgestellt haben. Dabei wurden die Durchschnittswerte der Revisionshonorare von drei Jahren vor dem Wechsel mit denjenigen von drei Jahren nach dem Wechsel verglichen. Insgesamt ist bei 17 der 24 untersuchten Unternehmen das Revisionshonorar gesunken, wobei der Rückgang durchschnittlich 10% betrug (vgl. Abbildung 12).
Abbildung 12 ENTWICKLUNG DER REVISIONSHONORARE BEI WECHSEL DES RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS
Durchschnittliches Prüfungshonorar Jahr 1-3 vor Wechsel als Basis
-
ø Honorar nach dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards (Jahr 4–6) %
-
ø Honorar vor dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards (Jahr 1–3) % (Basis)
Die Gründe für die höheren Revisionshonorare bei Anwendung der IFRS sind hauptsächlich der hohe Detaillierungsgrad der Regelungen und die zunehmende Komplexität. Die Anwendung von nationalen Rechnungslegungsstandards wie Swiss GAAP FER hat etwas geringere Prüfungskosten zur Folge, da diese Regelwerke eine tiefere Regelungsdichte aufweisen und somit weniger komplex sind, was auch ein kleineres Risiko für falsche Darstellungen zur Folge hat. Dass die Revisionshonorare bei den Unternehmen, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, gesunken sind, ist jedoch auch von anderen Faktoren, wie beispielsweise der Grösse des Unternehmens, der Komplexität der Geschäftsstruktur sowie der Einschätzung des Risikos einer wesentlichen falschen Darstellung in der Rechnungslegung des Abschlussprüfers abhängig. Somit hat der Wechsel auf Swiss GAAP FER schliesslich eine eher geringe Relevanz bei der Veränderung der Prüfungskosten im Vergleich mit anderen Determinanten.
Zudem würde sich der Aufwand für die Revision wahrscheinlich nur massgeblich vermindern, wenn Swiss GAAP FER in Reinform angewendet würde. Dies ist bei allen Unternehmen, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, aber gerade nicht der Fall: Viele der untersuchten Gesellschaften behalten wesentliche Aspekte der IFRS bei, da Swiss GAAP FER einige wichtige, für international tätige Unternehmen relevante Bilanzierungssachverhalte nicht geregelt hat. Somit realisieren sich durch den Wechsel des Rechnungslegungsstandards allein keine bedeutenden Kostenvorteile bezüglich der Revisionshonorare.
Bei Abbildung 12 ist zu berücksichtigen, dass im konkreten Einzelfall wiederum spezifische Ereignisse neben dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards einen wesentlichen Einfluss auf das Revisionshonorar haben können. Bei Adval wurden im betrachteten Zeitraum auch bedeutende Akquisitionen durchgeführt, die zu einem höheren Prüfungsaufwand damit insgesamt zu höheren Revisionshonoraren (+63%) geführt haben. Bei APG indessen ist der markante Rückgang der Revisionshonorare (-64%) auch auf Desinvestitionen im Ausland und allenfalls auch den Wechsel der Revisionsstelle zurückzuführen.
Bei Analyse der Revisionshonorare der SPI-Unternehmen nach Rechnungslegungsstandard (vgl. Abbildung 13) fällt zunächst auf, dass sie bei US GAAP im Durchschnitt (CHF 12.1 Mio. im Jahr 2016) deutlich höher ausfallen als bei IFRS (CHF 3.3 Mio.). Auch wenn die US GAAP noch umfangreicher und komplexer sind als die IFRS, wäre es voreilig, diesen Unterschied ausschliesslich dadurch zu erklären. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass einige nach US GAAP Rechnung legende Unternehmen ebenfalls in den USA kotiert sind bzw. waren und daher die Abschlussprüfung (noch) nach den strengeren Vorschriften der PCAOB erfolgt. Nicht zuletzt kommt es zu einem Bias aufgrund der Unternehmensgrösse: US GAAP wird in der Schweiz vor allem von grossen Unternehmen angewendet (die Hälfte der zehn US GAAP-Unternehmen sind Teil des SMI). Aufgrund der kleinen Anzahl an US GAAP- Unternehmen sind diese Zahlen ferner anfällig für Ausreisser – so ist der starke Rückgang des Median-Honorars im Jahr 2016 auf die Dekotierung von Transocean sowie die Kotierung der relativ kleinen WISeKey zurückzuführen.
Des Weiteren ist bemerkenswert, dass die Revisionshonorare beim Bankengesetz höher sind als bei Swiss GAAP FER. Beide Standards werden in der Regel von kleineren börsenkotierten Unternehmen angewendet. Dies kann als weiterer Hinweis für die durch die starke Regulierung der Banken entstehenden zusätzlichen Prüfungskosten interpretiert werden.
Abbildung 13 REVISIONSHONORARE NACH RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS SPI
Je höher der Detaillierungsgrad eines Reporting Standards, desto höher fallen die durchschnittlich gezahlten Honorare aus.
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