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Report 2017

Der Swiss Audit Monitor analysiert erstmals auf umfassende Weise die Revisionshonorare, die zusätzlichen Honorare, die Mandatsdauer der Revisionsgesellschaften und die verwendeten Rechnungslegungsstandards für die Berichtsperioden 2013 bis 2016 von Unternehmen des Swiss Market Index (SMI) und Swiss Performance Index (SPI).

01

Einleitung

Das Ziel der externen Revision ist es, die Glaubwürdigkeit von finanziellen Unternehmensinformationen und das Mass des Vertrauens der Nutzer in diese Informationen zu erhöhen. Dies wird erreicht, indem die Revisionsstelle prüft, ob die Jahresrechnung bzw. die konsolidierte Jahresrechnung in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und mit dem angewendeten Rechnungslegungsstandard erstellt worden ist. Dabei sind kotierte Unternehmen, die einer ordentlichen Revision unterliegen, gemäss der Richtlinie betreffend Informationen zur Corporate Governance dazu verpflichtet, im Anhang Angaben zum Honorar der Revisionsstelle zu machen. Offenzulegen sind Honorare für Revisionsdienstleistungen und für andere Dienstleistungen. Die Daten für die vorliegende Untersuchung basieren auf den Unternehmen, welche 2013 bis 2016 im Swiss Performance Index (SPI) enthalten waren. Anhand deren Geschäftsberichte wurden die Revisionshonorare und die zusätzlichen Honorare für den Zeitraum 2013 – 2016 erhoben. Die Information, wie lange ein Unternehmen von der aktuellen Revisionsstelle geprüft wird und welchen Rechnungslegungsstandard es anwendet, wurde ebenfalls den Geschäftsberichten entnommen.

02

Honorare

Die von den SPI-Unternehmen insgesamt entrichteten Revisionshonorare betrugen im Jahr 2016 CHF 543 Mio. (CHF 537 Mio. im Jahr 2015; vgl. Abbildung 1). Im untersuchten Zeitraum 2013 – 2016 ist die Gesamtsumme der Revisionshonorare relativ stabil geblieben, wobei berücksichtigt werden muss, dass die Anzahl der Kotierungen im SPI in den letzten Jahren leicht rückläufig war. Betrachtet man nur die Unternehmen, welche zwischen 2013 und 2016 konstant im SPI kotiert waren, sind die Revisionshonorare von CHF 521 Mio. auf CHF 538 Mio. gestiegen. Im Swiss Market Index (SMI) entrichteten die 20 grössten börsenkotierten Schweizer Unternehmen 2016 insgesamt CHF 385 Mio. für Revisionshonorare, was 71% der Gesamtsumme der Revisionshonorare im SPI entspricht. Das 2016 von SPI-Unternehmen durchschnittlich gezahlte Honorar von CHF 2.7 Mio. (Median: CHF 0.5 Mio.) liegt deutlich unter dem von SMI-Unternehmen durchschnittlich entrichteten Revisionshonorar von CHF 19.2 Mio. (Median: CHF 8.6 Mio.), siehe Abbildung 2.

Abbildung 1 HONORARENTWICKLUNG SPI

in CHF Mio.

Diese Tatsache stützt die ebenso verbreitete wie vereinfachende Annahme, dass bei grösseren Unternehmen der Prüfungsaufwand grösser ist und somit auch das Revisionshonorar höher ausfällt. Das Revisionshonorar ist jedoch noch von weiteren Faktoren abhängig, wie beispielsweise von der Komplexität und dem Risiko des geprüften Unternehmens. Eine Erhöhung der Revisionshonorare in Zukunft ist wenig wahrscheinlich. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Preis- und Konkurrenzkampf um Kunden und Mandate in der Revisionsbranche weiter zunehmen wird, da die Revision von den geprüften Unternehmen zunehmend als homogenes Produkt wahrgenommen wird.

 

Um das Angebot von dem der Konkurrenz zu differenzieren, bieten Revisionsgesellschaften den von ihnen geprüften Unternehmen beispielsweise zusätzliche Dienstleistungen an. So wurden 2016 insgesamt zusätzliche Honorare von CHF 123 Mio. von SPI-Unternehmen gezahlt (CHF 119 Mio. im Jahr 2015), was im Durchschnitt 23% des Revisionshonorars entspricht. Die SMI-Unternehmen bezogen 2016 von der Revisionsstelle zusätzliche Leistungen im Umfang von CHF 81 Mio. (Vorjahr: CHF 76 Mio.); dies macht einen Anteil von 66% an den insgesamt gezahlten zusätzlichen Honoraren im SPI aus. 2016 haben von den 203 untersuchten börsenkotierten Unternehmen 26 (13%) keine zusätzlichen Leistungen von ihrer Revisionsstelle bezogen. Bei den zusätzlichen Honoraren gilt es zu beachten, dass diese von besonderen Ereignissen wie beispielsweise einem Initial Public Offering (IPO) massgeblich beeinflusst werden können. So zahlte z.B. die Hiag Immobilien Schweiz AG 2014 im Jahr des IPO CHF 1 Mio. und im Jahr darauf lediglich CHF 0.14 Mio. für zusätzliche Dienstleistungen. Gesamthaft beliefen sich 2016 die Honorare für Revision und zusätzliche Dienstleistungen, die von den SPI-Unternehmen entrichtet wurden, auf CHF 666 Mio.

Abbildung 2 VERTEILUNG REVISIONSHONORARE 2016 SPI SPI ex SMI, n=183

Das durchschnittliche Revisionshonorar wird sowohl beim SMI wie auch beim SPI (ohne SMI) durch einige Unternehmen mit sehr hohen Revisionshonoraren nach oben verzerrt.

Das höchste Revisionshonorar wird in der Schweiz von der UBS-Gruppe bezahlt und belief sich für das Jahr 2016 auf rund CHF 59 Mio. (siehe Abbildung 3). Generell zeigt sich, dass die Revisionshonorare bei international tätigen Banken und Versicherungen im Vergleich zu Industrieunternehmen höher ausfallen – dies ist auf die komplexe Geschäftstätigkeit und die in den letzten Jahren bedeutend gestiegenen regulatorischen Anforderungen zurückzuführen. So entfallen neun der 20 höchsten Revisionshonorare im SPI auf Banken und Versicherungen. Die Honorarkurve flacht sich indes relativ schnell ab. An der Schweizer Börse gibt es insgesamt nur neun Unternehmen, deren jährliches Revisionshonorar CHF 10 Mio. übersteigt.

Abbildung 3 TOP 20 REVISIONSHONORARE SPI

in CHF Mio.
Revisionsgesellschaft:

03

Marktstruktur

In der Revisionsbranche lässt sich weltweit eine ungebrochene Dominanz der grossen vier Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC (sog. Big 4) beobachten. Zurzeit beträgt der durchschnittliche Marktanteil der Big 4 in den Mitgliedstaaten der EU über 90%, wobei zu beachten ist, dass die Verteilung auf die einzelnen Revisionsgesellschaften in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich ist.

 

In der Schweiz kann gar von Big 3 gesprochen werden. So werden 91% der börsenkotierten Schweizer Unternehmen von PwC, KPMG oder EY geprüft. 2016 haben von den 203 in Bezug auf die Revisionsgesellschaft untersuchten Unternehmen nur 18 ein Revisionsunternehmen beauftragt, das nicht zu den Big 3 gehört (vgl. Abbildung 4). Bei der Betrachtung der Revisionshonorare 2016 wird deutlich, dass Deloitte, BDO und die übrigen Revisionsgesellschaften zusammen CHF 19.1 Mio. erhielten, was knapp einen Anteil von 4% am Gesamtvolumen der Revisionshonorare aller SPI-Unternehmen ausmacht (vgl. Abbildung 6).

Abbildung 4 REVISIONSKUNDEN 2013-2016 SPI Jeweils zum 31.12. des Jahres (Kotierungen und Dekotierungen sind auch enthalten)

Anzahl Mandate

Die Verteilung der Anzahl Mandate widerspiegelt sich grob auch in den Honoraren, die die Big 5 mit SPI-Unternehmen erwirtschaften. Der grosse Vorsprung von PwC bei den Anzahl Mandaten relativiert sich bei Betrachtung der Honorare jedoch stark (vgl. Abbildung 5). Dies lässt sich in erster Linie damit erklären, dass die Verteilung der Mandate zwischen den Big 3 im SMI relativ ausgeglichen ist (vgl. auch Abbildung 3), PwC zusätzlich aber mehr kleinere SPI-Unternehmen zu seinen Revisionskunden zählen kann als EY und KPMG. Bei den kleineren SPI-Unternehmen sind die Honorare jedoch bedeutend weniger hoch – eine Tatsache, die sich im niedrigen durchschnittlichen Revisionshonorar von zirka CHF 2.2 Mio. der PwC niederschlägt (vgl. Abbildung 7). Das Medianhonorar für die Revision ist hingegen bei allen Big 3 relativ ähnlich und befindet sich bei etwa CHF 0.5 Mio. Deloitte weist sowohl ein höheres Durchschnitts- wie auch Medianhonorar auf (was aber auf die spezifische Struktur der kleinen Anzahl von betroffenen Revisionsmandaten zurückzuführen und daher von geringer Aussagekraft ist).

Abbildung 5 GESAMTHONORARE BIG 4 SPI

in CHF Mio.

Insgesamt haben sich die Revisionshonorare der Nicht-Big 3-Unternehmen im SPI seit 2013 kaum verändert. Die EU versucht mit den Regelungen zur externen Rotation, welche im Juni 2016 in Kraft getreten sind, den Revisionsmarkt zu öffnen und so auch für mittlere und kleine Revisionsgesellschaften zugänglich zu machen – wie bei den Ausführungen zum Wechsel der Revisionsstelle zu sehen ist, allerdings bisher ohne Erfolg.

Abbildung 6 DOMINANZ DER GROSSEN SPI Gesamtvolumen Revisionshonorar PWC, EY, KPMG, Deloitte & BDO

Die Dominanz der grossen vier Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und Pwc variiert länderspezifisch. So kann in der Schweiz gar von den Big 3 gesprochen werden - 91% der börsenkotierten Unternehmen werden von EY, KPMG oder PwC geprüft.

Bis anhin galt in der EU, genau wie in der Schweiz, die sogenannte interne Rotationspflicht, bei der nur der verantwortliche Revisor selbst nach sieben Jahren wechseln musste. Zusätzlich zur internen Rotation gilt in den Mitgliedstaaten der EU neu die externe Rotationspflicht, bei der eine Ausschreibung des Mandats für die Revisionsstelle nach spätestens zehn Jahren erfolgen muss und dieselbe Revisionsgesellschaft maximal 20 Jahre Revisionsstelle eines Unternehmens sein kann.

Abbildung 7 DURCHSCHNITTSHONORARE PRO BIG 4 GESELLSCHAFT SPI

in CHF Mio.

Von dieser Regelung können auch Schweizer Tochtergesellschaften eines EU-Mutterkonzerns und Schweizer Mutterkonzerne mit Tochterunternehmen im EU-Raum betroffen sein. Ob diese Regelung die hohe Konzentration im Revisionsmarkt wirklich zu schwächen vermag, ist jedoch fraglich. Denn mit grosser Wahrscheinlichkeit ist zu erwarten, dass die Unternehmen jeweils nur zwischen den grossen Revisionsgesellschaften rotieren. Es kann sogar der Fall eintreten, dass ein Unternehmen, welches bis anhin eine mittlere oder kleine Revisionsgesellschaft als Revisionsstelle hatte, nun mit der Pflichtrotation zu einem der Big 4 wechselt und somit die Marktkonzentration zusätzlich erhöht wird.

04

Prüferwechsel und Mandatsdauer

Der Revisionsmarkt in der Schweiz war in der Vergangenheit auf den ersten Blick zwar wenig dynamisch. Dennoch haben zwischen 2014 und 2016 insgesamt 26 SPI-Unternehmen die Revisionsstelle gewechselt. Dies entspricht 12.6% der durchschnittlich am SPI kotierten Unternehmen zwischen 2014 und 2016. Dabei hat PwC bei einer Nettobetrachtung vier Mandate verloren, während KPMG um fünf Mandate zugelegt hat, EY drei Mandate und Deloitte ein Mandat verloren haben sowie BDO drei Mandate hinzugewonnen hat.

 

Bei den übrigen Revisionsunternehmen haben sich Zu- und Abgänge ausgeglichen, sodass die Anzahl der Mandate unverändert geblieben ist. Bei den Gesamthonoraren (Revisionshonorare und zusätzliche Honorare), welche durch die neuen Mandate erwirtschaftet wurden, zeichnet sich für den Zeitraum 2014-2016 ein ähnliches Bild ab: KPMG steht bei Nettobetrachtung mit CHF 12.3 Mio. an neuen Honoraren als Gewinner da, während PwC einen Verlust von CHF 17.1 Mio. an Honoraren aus den börsenkotierten Unternehmen in Kauf nehmen musste. Zu erkennen ist, dass oft eine grosse Revisionsgesellschaft durch eine andere grosse ersetzt wird und solche Wechsel ohne Auswirkung auf die Konzentration in der Branche sind. So haben während des untersuchten Zeitraums Deloitte und die weiteren Revisionsgesellschaften bei Nettobetrachtung neue Honorare im Umfang von nur CHF 0.5 Mio. akquiriert.

Honorare beim Wechsel der Revisionsstelle

In den drei Berichtsjahren 2014 – 2016 haben insgesamt 26 börsenkotierte Unternehmen die Revisionsgesellschaft gewechselt, was einer Verschiebung von Honoraren in der Höhe von rund CHF 33 Mio. entspricht (vgl. Abbildung 8). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Auswirkungen ein Wechsel auf die Höhe des Honorars der Revisionsstelle hat. Bei 18 der 26 SPI-Unternehmen, welche die Revisionsgesellschaft gewechselt haben, ist das Honorar gesunken, und zwar im Durchschnitt um 5.7% (Median -15.6%).

Abbildung 8 HONORARE BEI WECHSEL DER REVISIONSSTELLE

Revisionshonorar in CHF Mio.

Diese Beobachtung belegt die Vermutung, dass das Honorar bei einem Wechsel eher sinkt. Bei einem Wechsel der Revisionsstelle beeinflussen mehrere Faktoren die Honorare: Ein Grund für den Rückgang der Honorare ist der starke Preiswettbewerb in der Wirtschaftsprüfungsbranche, der durch die Pflicht der Offenlegung der Honorare begünstigt wird. Bei einer Ausschreibung des Mandats kennen die Konkurrenten das Honorar der bisherigen Revisionsstelle. Eine naheliegende Strategie wäre also, zumindest im ersten Jahr weniger Honorar als die bisherige Revisionsstelle zu fordern. Dieses Verhalten ist als „low balling“ in der Theorie bekannt.

 

Hintergrund dieser Überlegungen ist folgender: In der ersten Periode wird das Revisionshonorar aufgrund des Einarbeitungsaufwands unter den effektiven Kosten angesetzt. In den folgenden Prüfungsperioden verfügt die amtierende Revisionsstelle über Kostenvorteile aufgrund der wegfallenden Kosten für die Erstprüfung. Sie setzt das Honorar gerade so an, dass es sich für das geprüfte Unternehmen nicht lohnt, die Revisionsstelle zu wechseln. Damit wird ab der zweiten Prüfungsperiode eine sogenannte Quasirente erzielt, wobei zu beachten ist, dass es dabei um eine Kompensation des Verlustes geht, der in der ersten Prüfungsperiode angefallen ist. Bei einem Wechsel der Revisionsstelle gehen mandantenspezifisches Wissen sowie Lern- und Erfahrungskurveneffekte verloren, welche in der Einarbeitungsphase erst wieder aufgebaut werden müssen. Diese Effekte könnten sich negativ auf die Effizienz und Qualität der Revision auswirken.

 

Nicht zu unterschätzen sind zudem die Aufwendungen, die beim geprüften Unternehmen selbst anfallen, sei es im Rahmen des Offertprozesses oder bei der Erstprüfung durch eine neue Revisionsstelle. Theoretisch müsste die neue Revisionsstelle daher ein höheres Honorar als dasjenige der Vorgängerin fordern, um den grösseren Aufwendungen der Einarbeitungsphase nachzukommen. Aufgrund des grossen Wettbewerbs, der auf dem Revisionsmarkt herrscht, ist dies, wie dargestellt, aber in der Praxis nicht der Fall. Allfällige Auswirkungen eines Rückgangs der Honorare auf die Qualität sind nicht öffentlich beobachtbar. Nicht zuletzt das Audit Committee ist diesbezüglich gefordert, da es für einen strukturierten und transparenten Offertprozess verantwortlich ist, in welchem der Fokus auf Qualität und nicht nur auf den Preis gelegt wird.

 

Bei Abbildung 8 gilt es zu beachten, dass bei einem kleinen Revisionshonorar bereits eine verhältnismässig kleine absolute Veränderung zu einer grossen relativen Verschiebung führt. So hat sich z.B. das Revisionshonorar der CI Com zwischen 2015 und 2016 von rund CHF 10’000 auf CHF 20’000 verdoppelt, was einer prozentualen Steigerung um 100% entspricht. Zudem wird das Revisionshonorar auch durch spezifische, vom Wechsel der Revisionsstelle unabhängige Ereignisse, wie z.B. Akquisitionen, beeinflusst (dies war z.B. bei Accu im Jahr 2014 der Fall).

 

Mandatsdauer

Im Durchschnitt amtet die gleiche Revisionsstelle bei börsenkotierten Unternehmen während 16 Jahren. Mehr als 25% der SPI-Unternehmen haben sogar länger als 20 Jahre dieselbe Revisionsstelle (vgl. Abbildung 9). Im SMI ist der Wert noch höher und beträgt im Durchschnitt 19 Jahre. Demnach würde ein grosser Anteil der Schweizer Unternehmen den neuen Unabhängigkeitsvorschriften der EU, die eine Rotation der Revisionsstelle nach spätestens 20 Jahren vorsehen, nicht genügen. Einer der Gründe, weshalb Unternehmen die gleiche Revisionsstelle beibehalten, ist sicherlich die Vermeidung der in der Einarbeitungsphase anfallenden Kosten (sowohl im Unternehmen selbst als auch bei der Revisionsstelle). Denn sobald ein Unternehmen die Revisionsstelle wechselt, muss sich der neue Revisor einarbeiten und sich firmenspezifische Kenntnisse betreffend Jahres- und Konzernrechnung aneignen. Diese Einarbeitungsphase kann die Qualität der Abschlussprüfung beeinträchtigen und geht auch einher mit höheren Kosten für die Unternehmen selbst. Zudem bauen die Unternehmen durch die langjährige Zusammenarbeit ein gewisses Vertrauensverhältnis zum Revisionsunternehmen auf, welches das Unternehmen gut kennt und sich so auch besser als Berater eignet (sog. spill-over-Effekte). Die Europäische Kommission dagegen richtet ihr Augenmerk im Zusammenhang mit der langjährigen Zusammenarbeit auf die Gefahr der Betriebsblindheit. Das Ziel der Pflichtrotation des Revisionsunternehmens ist es, dieser Gefahr entgegenzuwirken und so die Qualität der Abschlussprüfung zu erhöhen.

Abbildung 9 MANDATSDAUER SPI

in Jahren
Anzahl Firmen

Dass im SMI die durchschnittliche Mandatsdauer lange ist, zeigt, dass grössere Unternehmen eher dazu tendieren, mit derselben Revisionsstelle zusammenzuarbeiten. Dies lässt sich ebenfalls durch die Vermeidung der Einarbeitungsphase erklären. Bei SMI-Unternehmen ist die Einarbeitungsphase aufgrund ihrer Grösse und Komplexität aufwendiger als bei SPI- Unternehmen, weshalb sich eine neue Revisionsgesellschaft länger und kostenintensiver ins geprüfte Unternehmen hineinfinden muss. Weiter sind rund ein Viertel der SMI-Unternehmen in der Banken- und Versicherungsbranche tätig. Angesichts der hohen Regulierungsdichte dieser Branchen ist die Prüfung aufwendiger als bei den meisten Industrieunternehmen (Ausnahme: Pharmabranche).

 

Auch wenn die durchschnittliche Mandatsdauer im SMI länger ist als beim SPI, wird die längste Mandatsdauer im SPI verzeichnet: Dormakaba wird seit 110 Jahren von PwC bzw. ihren Vorgängergesellschaften geprüft (Stand 2016, vgl. Abbildung 10). Im SMI weist die Zurich-Gruppe die längste Mandatsdauer auf, sie hat seit 34 Jahren die Revisionsstelle nicht mehr gewechselt.

Abbildung 10 TOP 20 MANDATSDAUER SPI

in Jahren
Revisionsgesellschaft:

05

Rechnungslegungs­standards

Angewendete Rechnungslegungs­standards

Im SPI (vgl. Abbildung 11) wendet 2016 mehr als die Hälfte der Unternehmen die International Financial Reporting Standards (IFRS) als Rechnungslegungsstandard (58%) an. Neben IFRS findet Swiss GAAP FER als Rechnungslegungsstandard bei knapp einem Drittel der Unternehmen ebenfalls grosse Anwendung. US GAAP wird 2016 lediglich noch von 5% und das Bankengesetz von 8% der Unternehmen verwendet. Bei den 20 grössten börsenkotierten Unternehmen sieht die Situation etwas anders aus: Im SMI wenden fast drei Viertel der Unternehmen IFRS (70%) an, ein Viertel US GAAP und lediglich ein Unternehmen (Swatch Group) Swiss GAAP FER. Dass im SMI nur ein einziges Unternehmen Swiss GAAP FER anwendet, liegt an der unterschiedlichen Ausrichtung der beiden Standards: Sowohl Swiss GAAP FER als auch IFRS sind kapitalmarktorientiert und somit vorrangig auf die Interessen der Investoren ausgerichtet, wobei sich Swiss GAAP FER an national orientierte Unternehmen und Investoren richtet.

Unter den SPI-Unternehmen findet neben IFRS, mit einem Anteil von 58%, Swiss GAAP FER als Rechnungslegungs­standard, bei knapp einem Drittel der Unternehmen, ebenfalls grosse Anwendung (Stand 31.12.2016).

Abbildung 11 RECHNUNGSLEGUNGS­STANDARDS SPI

IFRS dagegen richtet sich an internationale Unternehmen. Internationale Kapitalgeber bevorzugen IFRS, da dieser Standard in ca. 120 Ländern vorgeschrieben oder gestattet ist, wodurch die Vergleichbarkeit von Abschlüssen weltweit ermöglicht wird. Swiss GAAP FER dagegen ist ein Schweizer Rechnungslegungsstandard, der für kleine sowie mittlere Unternehmen mit nationaler Ausrichtung ausgelegt ist. Die Unternehmen müssen sich somit bei der Wahl des Standards im Klaren über ihre Adressaten sein. Im Fokus kotierter Unternehmen sind dabei die Eigenkapital- und Kreditgeber. Dabei sind die geografische Herkunft des Aktionariats und der Kapitalgeber bedeutend, da diese erreicht und ihre Informationsbedürfnisse erfüllt werden müssen.

 

Obwohl sich Swiss GAAP FER an eher kleinere kotierte Unternehmen mit nationaler Ausstrahlung richtet, erzielen 69% derjenigen Unternehmen, die in letzter Zeit von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, zwischen CHF 100 und 500 Mio. Nettoumsatz. Aufgrund ihrer Grösse atypische Vertreter von Gesellschaften, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, sind die beiden Grosskonzerne Swatch und Georg Fischer. Als 2005 die SIX Swiss Exchange neu von den am Main Standard kotierten Gesellschaften verlangte, entweder US GAAP oder IFRS anzuwenden, entschlossen sich einige der damaligen Swiss- GAAP-FER-Anwender, auf IFRS umzustellen. Derzeit erlebt jedoch Swiss GAAP FER eine Renaissance bei börsenkotierten, aber auch bei privaten, nicht börsenkotierten Unternehmen. Viele dieser Unternehmen nennen als Gründe für den Wechsel die Praxisnähe von Swiss GAAP FER, verbesserte Aufwand-Nutzen-Verhältnisse sowie die Anpassung an schweizerische Gegebenheiten.

 

Dass noch mehr Unternehmen zu Swiss GAAP FER wechseln, könnte IFRS 9 „Finanzinstrumente“, aber vor allem auch IFRS 16 „Leasingverhältnisse“ geschuldet sein. Letzterer wird für Geschäftsjahre, welche am oder nach dem 1. Januar 2019 beginnen, verpflichtend anzuwenden sein und regelt die Bilanzierung von Leasingverträgen neu. Alle Leasingverhältnisse und die damit verbundenen vertraglichen Rechte und Verpflichtungen werden beim Leasingnehmer grundsätzlich in der Bilanz erfasst. Damit entfällt nach IFRS die bisherige erforderliche Unterscheidung zwischen Finanzierungs- und Operating-Leasing. Somit wird während der Laufzeit des Leasingvertrags die Leasingverbindlichkeit, ähnlich den bisherigen Regelungen für Finanzierungs- Leasingverhältnisse, finanzmathematisch fortgeschrieben, während das Nutzungsrecht planmässig amortisiert wird. Dies führt grundsätzlich zu höheren Aufwendungen zu Beginn der Laufzeit eines Leasingvertrags. Da dadurch die Verbindlichkeiten erhöht werden und so die Bilanz verlängert wird, scheint diese Neuerung für viele Unternehmen wenig attraktiv. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die FER-Kommission zurzeit keine Pläne hegt, Swiss GAAP FER 13 „Leasingverhältnisse“ anzupassen.

Revisionshonorare bei Wechsel auf Swiss GAAP FER

Für viele Unternehmen scheinen die mit der erwähnten Komplexität der neuen IFRS- Standards verbundenen Kosten ein wichtiger Faktor für einen Wechsel zu Swiss GAAP FER zu sein. In der Tat verzichtet Swiss GAAP FER bewusst auf zu detaillierte Regeln, wie sie in IFRS zum Teil enthalten sind. Dies lässt vermuten, dass bei Anwendung der weniger komplexen Swiss GAAP FER die Revisionshonorare sinken. Um dieser Vermutung nachzugehen, wurden im Rahmen einer Abschlussarbeit am Lehrstuhl für Auditing and Internal Control der Universität Zürich die Revisionshonorare von 24 börsenkotierten Schweizer Unternehmen analysiert, die zwischen 2009 und 2013 von IFRS auf Swiss GAAP FER umgestellt haben. Dabei wurden die Durchschnittswerte der Revisionshonorare von drei Jahren vor dem Wechsel mit denjenigen von drei Jahren nach dem Wechsel verglichen. Insgesamt ist bei 17 der 24 untersuchten Unternehmen das Revisionshonorar gesunken, wobei der Rückgang durchschnittlich 10% betrug (vgl. Abbildung 12).

Abbildung 12 ENTWICKLUNG DER REVISIONSHONORARE BEI WECHSEL DES RECHNUNGSLEGUNGS­STANDARDS Durchschnittliches Prüfungshonorar Jahr 1-3 vor Wechsel als Basis

in %.
  • ø Honorar nach dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards (Jahr 4–6) %

  • ø Honorar vor dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards (Jahr 1–3) % (Basis)

Die Gründe für die höheren Revisionshonorare bei Anwendung der IFRS sind hauptsächlich der hohe Detaillierungsgrad der Regelungen und die zunehmende Komplexität. Die Anwendung von nationalen Rechnungslegungsstandards wie Swiss GAAP FER hat etwas geringere Prüfungskosten zur Folge, da diese Regelwerke eine tiefere Regelungsdichte aufweisen und somit weniger komplex sind, was auch ein kleineres Risiko für falsche Darstellungen zur Folge hat. Dass die Revisionshonorare bei den Unternehmen, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, gesunken sind, ist jedoch auch von anderen Faktoren, wie beispielsweise der Grösse des Unternehmens, der Komplexität der Geschäftsstruktur sowie der Einschätzung des Risikos einer wesentlichen falschen Darstellung in der Rechnungslegung des Abschlussprüfers abhängig. Somit hat der Wechsel auf Swiss GAAP FER schliesslich eine eher geringe Relevanz bei der Veränderung der Prüfungskosten im Vergleich mit anderen Determinanten.

Zudem würde sich der Aufwand für die Revision wahrscheinlich nur massgeblich vermindern, wenn Swiss GAAP FER in Reinform angewendet würde. Dies ist bei allen Unternehmen, die von IFRS auf Swiss GAAP FER gewechselt haben, aber gerade nicht der Fall: Viele der untersuchten Gesellschaften behalten wesentliche Aspekte der IFRS bei, da Swiss GAAP FER einige wichtige, für international tätige Unternehmen relevante Bilanzierungssachverhalte nicht geregelt hat. Somit realisieren sich durch den Wechsel des Rechnungslegungsstandards allein keine bedeutenden Kostenvorteile bezüglich der Revisionshonorare.

 

Bei Abbildung 12 ist zu berücksichtigen, dass im konkreten Einzelfall wiederum spezifische Ereignisse neben dem Wechsel des Rechnungslegungsstandards einen wesentlichen Einfluss auf das Revisionshonorar haben können. Bei Adval wurden im betrachteten Zeitraum auch bedeutende Akquisitionen durchgeführt, die zu einem höheren Prüfungsaufwand damit insgesamt zu höheren Revisionshonoraren (+63%) geführt haben. Bei APG indessen ist der markante Rückgang der Revisionshonorare (-64%) auch auf Desinvestitionen im Ausland und allenfalls auch den Wechsel der Revisionsstelle zurückzuführen.

 

Bei Analyse der Revisionshonorare der SPI-Unternehmen nach Rechnungslegungsstandard (vgl. Abbildung 13) fällt zunächst auf, dass sie bei US GAAP im Durchschnitt (CHF 12.1 Mio. im Jahr 2016) deutlich höher ausfallen als bei IFRS (CHF 3.3 Mio.). Auch wenn die US GAAP noch umfangreicher und komplexer sind als die IFRS, wäre es voreilig, diesen Unterschied ausschliesslich dadurch zu erklären. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass einige nach US GAAP Rechnung legende Unternehmen ebenfalls in den USA kotiert sind bzw. waren und daher die Abschlussprüfung (noch) nach den strengeren Vorschriften der PCAOB erfolgt. Nicht zuletzt kommt es zu einem Bias aufgrund der Unternehmensgrösse: US GAAP wird in der Schweiz vor allem von grossen Unternehmen angewendet (die Hälfte der zehn US GAAP-Unternehmen sind Teil des SMI). Aufgrund der kleinen Anzahl an US GAAP- Unternehmen sind diese Zahlen ferner anfällig für Ausreisser – so ist der starke Rückgang des Median-Honorars im Jahr 2016 auf die Dekotierung von Transocean sowie die Kotierung der relativ kleinen WISeKey zurückzuführen.

 

Des Weiteren ist bemerkenswert, dass die Revisionshonorare beim Bankengesetz höher sind als bei Swiss GAAP FER. Beide Standards werden in der Regel von kleineren börsenkotierten Unternehmen angewendet. Dies kann als weiterer Hinweis für die durch die starke Regulierung der Banken entstehenden zusätzlichen Prüfungskosten interpretiert werden.

Abbildung 13 REVISIONSHONORARE NACH RECHNUNGSLEGUNGS­STANDARDS SPI

in CHF Mio.

Je höher der Detaillierungsgrad eines Reporting Standards, desto höher fallen die durchschnittlich gezahlten Honorare aus.

06

Fazit

Der Revisionsmarkt bei kotierten Unternehmen in der Schweiz hat 2016 ein Volumen von CHF 543 Mio. Gegenüber den Vorjahren 2013 – 2015 hat sich dieses Volumen nur leicht verändert. Rund 71% dieses Markts macht der SMI aus, was zeigt, dass bei grösseren Unternehmen der Prüfungsaufwand und somit auch das Revisionshonorar höher sind. Auch bei der Dauer des Amtes als Revisionsstelle unterscheiden sich Unternehmen des SMI von denjenigen des SPI: So beträgt die Mandatsdauer der Revisionsstelle bei SMI-Unternehmen im Durchschnitt 19 und bei SPI-Unternehmen 16 Jahre, wohl deshalb, weil bei einem grösseren Unternehmen aufgrund seiner Grösse und Komplexität die Einarbeitungsphase aufwendiger wird und dies sich schliesslich auf das Prüfungshonorar auswirken kann. Entgegen diesen Erwartungen ist jedoch bei mehr als der Hälfte der Unternehmen, die ihre Revisionsstelle gewechselt haben, das Revisionshonorar gesunken.

Eine Erklärung hierfür ist, dass der Revisionsmarkt zurzeit ein Verdrängungsmarkt ist und deshalb tiefere Honorare offeriert werden, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Aufgrund des starken Konkurrenz- und Preiskampfes ist nicht zu erwarten, dass die Revisionshonorare in Zukunft steigen werden. So hat sich das Honorar von CHF 2.7 Mio., welches ein im SPI kotiertes Unternehmen im Durchschnitt der Revisionsstelle zahlt, in den letzten vier Jahren kaum verändert. Ebenso wenig, wie zu erwarten ist, dass sich die Revisionshonorare in naher Zukunft erhöhen werden, ist auch nicht zu erwarten, dass sich der Revisionsmarkt für mittlere und kleine Revisionsgesellschaften öffnen wird. In der Schweiz werden 91% der börsenkotierten Unternehmen von den Big 3 revidiert. Wechselt ein Unternehmen die Revisionsstelle, folgt fast immer eine ebenfalls grosse Revisionsgesellschaft, sodass sich an der z.B. von der EU monierten Konzentration nichts ändert.

Anhand der börsenkotierten Gesellschaften ist festzustellen, dass die IFRS sich auf international tätige Gesellschaften ausrichten, während Swiss GAAP FER für Unternehmen mit nationaler Ausrichtung ausgelegt wurde. Im SPI wird Swiss GAAP FER von einem bedeutenden Anteil der Unternehmen verwendet, im SMI dagegen nur von einem Unternehmen. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren ein Trend zum Wechsel auf Swiss GAAP FER abgezeichnet, der auf verschiedene Gründe zurückzuführen ist, insbesondere auf Compliance- und Kostenaspekte. Ob sich dieser Trend fortsetzen wird, kann nicht abschliessend beurteilt werden.

Einerseits ist zu vermuten, dass durch IFRS 16 „Leasingverhältnisse“, gemäss welchem alle Leasingverhältnisse in der Bilanz erfasst werden müssen, die Unternehmen eher dazu tendieren werden, von IFRS zu Swiss GAAP FER zu wechseln. Anderseits ist es unwahrscheinlich, dass Unternehmen mit internationalen Kapitalgebern den Rechnungslegungsstandard wechseln, da diese möchten, dass die Jahresberichte international vergleichbar sind. Die naheliegende Prognose ist, dass Unternehmen mit nationaler Ausrichtung weiterhin zu Swiss GAAP FER tendieren und grosse internationale Unternehmen unverändert IFRS anwenden.

Der Text basiert auf dem im EXPERT FOCUS (Ausgabe 12/2017) erschienenen Artikel ‘Swiss Audit Monitor 2017’. Die im Text verwendeten externen Quellen werden im Printartikel referenziert.

 

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