22. Oktober 2020

Möglichkeiten & Grenzen von Data Analytics bei der Abschlussprüfung

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Bianca Höffer (KPMG) – Die Vorstellung, dass eine Abschlussprüfung mit einem einfachen Analytics-Tool auf einem USB-Stick zu haben ist, könnte nicht ferner von der Realität sein. Data Science ist harte Wissenschaft und keine Zauberei. Der entscheidende Anteil des Aufwands bei der datenbasierten Abschlussprüfung ist sogar vollständig unabhängig von Technologie. Denn noch lange bevor es um die tatsächliche Analyse von Daten gehen kann, muss zunächst in Abhängigkeit von den verfügbaren Daten die richtige Fragestellung gefunden werden. Die Fragestellung und die Auswahl des entsprechenden Modells bzw. Tools entscheiden darüber, ob die Datenanalysen zu relevanten Ergebnissen führen. Das schmälert in keiner Weise das Potenzial von Data Analytics bei der Abschlussprüfung. Ganz im Gegenteil lassen sich durch den Einsatz von Data Analytics die Qualität, Transparenz und Effizienz der Prüfung selbst steigern. Gleichzeitig können durch den Einsatz von Data Analytics oft weitere Optimierungsmöglichkeiten und Handlungsfelder identifiziert werden – der Nutzen geht also weit über die reine Prüfungshandlung hinaus.

Die zentrale Fragestellung beim Einsatz von Data Analytics beim Jahresabschluss lautet beispielsweise: Lässt sich die Existenz von Umsatzerlösen sowohl der Höhe als auch der Richtigkeit nach auf die Datenbasis zurückführen? Um hier sowohl transparent zu bleiben und Vollständigkeit garantieren zu können, ist es unabdingbar, alle rechnungsrelevanten Daten zu analysieren. Teile des Datenbestands unberücksichtigt zu lassen, sollte selbst bei vergleichsweise einheitlichen Datenbeständen bei der datenbasierten Abschlussprüfung kein Lösungsansatz sein. Denn Sicherheit und Vertrauen entstehen nur durch vollständige Transparenz. Belegstichproben gehören damit nicht nur der Vergangenheit an – wir wissen durch die vollständige Prüfung, was die jeweiligen Fehlerquellen sind. In anderen Worten bedeutet dies, dass sowohl Datenlücken auffallen als auch die Datenqualität überprüft wird. Aus der Aufbereitung und Validierung der Daten leiten sich direkt Hinweise zur Prozessoptimierung ab. Das Konzept der Abschlussprüfung lässt sich damit um wesentliche Merkmale erweitern. Risiken lassen sich mit Data Analytics ebenso erkennen wie Trends, die eine Anpassung des Geschäftsmodells nötig machen. Die neue Herausforderung, die sich der Prüfung in Zukunft stellt, besteht nicht ausschließlich in der Konzeption der Tools für den Bereich Audit, sondern darüber hinaus in der Entwicklung von datenbasierten Anwendungsfällen, die einen operativen oder strategischen Mehrwert bieten.

Beim Einsatz von Data Analytics bei der Abschlussprüfung gibt es aktuell zwei wesentliche Herausforderungen, die adressiert werden müssen. Einerseits existieren derzeit keine Prüfungsstandards und Regularien, die Data & Analytics explizit regeln. Dies betrifft immer öfter beide Seiten: Denn auch auf der Seite der zu Prüfenden mehren sich virtuelle Unternehmenswerte und digitale Geschäftsmodelle, sodass sich die Frage stellt, welche Standards in welchem Fall greifen. Jenseits der noch unzureichenden regulatorischen Regelungen und Standards stellen sich aktuell noch weitere Herausforderungen. Im nicht rechnungslegungsrelevanten Bereich stellt vor allem die Datenstruktur oft eine große Hürde für Data-Analytics-Anwendungen dar. In vielen Unternehmen ist die IT-Landschaft sehr heterogen. Das hat in der Regel historische Gründe: Anpassungen an der Infrastruktur werden nach Bedarf vorgenommen. Das führt dazu, dass im Lauf der Zeit ein Konglomerat unterschiedlicher Systeme und Technologien entsteht. Nur wer diese beherrscht, kann auch Erfolg versprechende Analysen anbieten. Für die Prüfung ist das insofern eine Herausforderung, weil bei der Implementierung nicht sichergestellt wird, dass alle Elemente der Systeme miteinander kompatibel sind. Der Datentransfer ist damit eine Fehlerquelle, die weitreichende Auswirkungen bei der datenbasierten Prüfung haben kann. Insbesondere weil es sich um systembedingte Fehler handelt.

Das lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen. Das Format von Bestelldaten ist direkt abhängig von der verwendeten Software. Werden diese Daten von einem System in ein anderes übertragen, können Informationen und Verknüpfungen beispielsweise zu Rechnungen und Lieferscheinen verloren gehen. Das führt einerseits dazu, dass die Datenaufbereitung mit einem großen Aufwand verbunden ist. Andererseits muss bei der Aufbereitung sichergestellt werden, dass die Lösung auch von regulatorischer Seite akzeptiert wird. Beim Einsatz von Data Analytics bei der Abschlussprüfung stellt sich allgemein die Frage: Was können wir aus den Daten machen? Die Antwort lautet wie hier aufgezeigt: Sehr viel mehr als nur eine sichere, transparente und effektive datenbasierte Abschlussprüfung. Das Potenzial und die Vorteile, die Data Analytics Unternehmen bieten kann, brauchen allen voran Offenheit gegenüber neuen Technologien und Methodologien.

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