10. Oktober 2019

Die Prüfung der Zukunft

Summary by SAM

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Die Wirtschaftsprüfung kämpft mit dem Image einer vergangenheitsorientierten und auf Stichproben gestützten Beurteilung der Jahresrechnung eines Unternehmens. Der zunehmende öffentliche Druck auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und damit einhergehend jener auf die Revisionshonorare verstärken die Notwendigkeit für die Entwicklung effizienter Prüfungsmethoden. Die Digitalisierung und Automatisierung dienen als Schlüssel, um diesen Gegebenheiten entgegen zu wirken. Dabei ist die Wirtschaftsprüfung aufgrund ihrer datenintensiven Natur für den Einsatz von modernen Prüfungsmethoden prädestiniert. Mit dem Einsatz von neuen Technologien kann der Wert der prüferischen Dienstleistung für die Prüfungskunden erhöht werden und dem Wettbewerb um Effizienzsteigerungen entgegengetreten werden. Die Relevanz der Digitalisierung in der Wirtschaftsprüfung lässt sich aber auch mit dem technologischen Wandel auf der Kundenseite, bei den Prüfungskunden, erklären.

 

Die Masterarbeit setzt sich mit dem Status Quo der Digitalisierung in den fünf grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (Deloitte, KPMG, PwC, EY und BDO) in der Schweiz, sowie mit der Einschätzung von Vertretern der Branche zu zukünftigen Veränderungen auseinander. Zu den technologischen Innovationsfeldern in der Theorie gehören (Big) Data und Datenanalysen (engl. „Data Analytics“), robotergesteuerte Prozessautomatisierung (engl. „Robotic Process Automation (RPA)“), künstliche Intelligenz (engl. „Artificial Intelligence (AI)“), die Cloud, die kontinuierliche Prüfung (engl. „Continuous Audit“) und die Blockchain.

 

Die Ergebnisse zeigen, dass bei allen fünf Revisionsunternehmen diverse Arbeitsschritte automatisiert ablaufen und dass bei gewissen Tools und Plattformen künstliche Intelligenz in Form von maschinellem Lernen oder maschineller Verarbeitung natürlicher Sprache zum Einsatz kommt. Jedes Revisionsunternehmen hat eine eigene integrierte Prüfungssoftware bzw. Prüfungsplattform. Für die Kommunikation und den Datenaustausch mit dem Kunden versuchen die Revisionsunternehmen weg vom Datenaustausch via Email oder USB-Stick zu kommen und haben dazu eigene Datenaustauschplattformen entwickelt. Im Bereich der Datenanalyse kommt eine breite Palette an Tools und Plattformen bei den Revisionsunternehmen zum Einsatz.

 

Die internationale Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Ländergesellschaften der Revisionsunternehmen in der Forschung und Entwicklung neuer Technologien und Tools für die Wirtschaftsprüfung spielt bei allen fünf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eine wichtige Rolle. Jedoch sind nebst den Ideen aus den eigenen Kompetenzzentren der Revisionsunternehmen strategische Partnerschaften von zentraler Bedeutung. Dazu gehören z.B. Microsoft und IBM.

 

Einige der in Theorie vorgestellten Möglichkeiten und Ideen zum Einsatz digitalisierter Prüfungstechniken stießen bei den Experten durchaus auf positive Resonanz. So hat die kontinuierliche Prüfung aus Sicht der Experten Potenzial und wird als Wegweiser in der Revision betrachtet. Des Weiteren hat der Einsatz der Drohne bei der Inventurprüfung, speziell bei der Prüfung von Freiluftlagern im Bereich der Naturressourcen Potenzial. Künstliche Intelligenz kann in Zukunft beim „Journal Entry Testing“ sowie in der Vertragsanalyse zum Einsatz kommen. Die Blockchain hat vor allem auf der Kundenseite in der Buchhaltung Potenzial. Konkret könnten die Transaktionen eines Kunden mit seinen Zulieferern, seinen Kunden und seinen Banken direkt über eine Blockchain abgebildet werden. Für die Revision hätte dies in Form von automatisierten Bestätigungsprozessen Zukunft. Dadurch würden Bankbestätigungen, Debitoren- und Kreditorenbestätigungen in Papierform obsolet werden.

 

Trotz den Möglichkeiten, die die Digitalisierung und Automatisierung mit sich bringen, sind sich die Experten einig, dass das professionelle Ermessen und die kritische Grundhaltung eines Revisionsexperten in naher Zukunft nicht durch automatisierte Vorgänge ersetzt werden können. Im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Erwartungslücke haben die Experten Argumente für eine Verkleinerung, sowie auch für eine Vergrösserung dieser. Aus Sicht der Experten werden kleinere und mittelgrosse Revisionsunternehmen auch in Zukunft im Markt bestehen können. Eine potenzielle Disruption der Branchenstruktur könnte jedoch eintreten, wenn ein grosses Technologieunternehmen, wie z.B. Google, Microsoft oder SAP eine digitale grosse Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entwickeln würde.

 

Gern möchten wir schon jetzt darauf hinweisen, dass Tina Kaderli und Prof. Reto Eberle zu diesem Thema einen Beitrag im EXPERTFocus verfassen werden – dieser erscheint im nächsten Jahr.

 

Quelle: Kaderli, Tina (2019): «Die Prüfung der Zukunft: Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus der Automatisierung (z.B. Robotics, Artificial und Cognitive Intelligence) und der Digitalisierung (z.B. Data Analytics, Data Science) für die Wirtschaftsprüfung?», unveröffentlichte Masterarbeit.

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