7. Juli 2017

Auswirkungen der neuen EU-Regelungen zur Unabhängigkeit der Abschlussprüfer auf die Schweiz

Summary by SAM

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Die Revisionsstelle als sekundäres Organ der Gesellschaft bezweckt, das Vertrauen in den Abschluss zu erhöhen, Transparenz zu schaffen und dadurch zur Reduktion der Informationsasymmetrie beizutragen. Entscheidend ist hierbei die Unabhängigkeit der Revisionsstelle, wo die Reform der Europäischen Union (EU) ansetzt. Aufgrund mangelnder Unabhängigkeit, wurde den Wirtschaftsprüfern eine Mitschuld an der Finanzkrise des Jahres 2008 zugeschrieben. Die EU-Kommission versuchte nun, das erschütterte Vertrauen in die Abschlussprüfung durch einen neuen Rechtsrahmen wiederherzustellen. Durch die Einführung von neuen Regelungen sollte insbesondere die Unabhängigkeit gestärkt und zukünftiges Versagen der Wirtschaftsprüfer verhindert werden. Diese Bachelorarbeit von Ivan Knezevic soll die Vor- und Nachteile der neuen Regelungen bezüglich der Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer beschreiben und aufzeigen, inwiefern die Schweiz davon betroffen ist.

Die EU-Reform, die seit Juni 2016 in Kraft ist, beinhaltet hauptsächlich Änderungen bezüglich Nichtprüfungsleistungen und Rotationspflicht. Neu darf der Abschlussprüfer einer PIE (Public Interest Entity) weder direkt noch indirekt für das geprüfte Unternehmen, dessen Mutterunternehmen oder die von ihm beherrschten Unternehmen sogenannte verbotene Nichtprüfungsleistungen gemäss Art. 5 der EU-Verordnung erbringen. Darunter fallen insbesondere Steuerberatungen. Die Gesamthonorare der erlaubten Nichtprüfungsleistungen werden auf maximal 70% des durchschnittlich über die letzten drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahre erbrachten Prüfungshonorare begrenzt. Kritiker befürchteten, dass die Prüfungsqualität mit der Reform sinkt, da das Synergiepotential zwischen den verschiedenen Dienstleistungen nicht mehr ausgeschöpft werden kann, denn der Prüfer vertieft mit der Erbringung von Zusatzdienstleistungen seine kundenspezifischen Kenntnisse, welche auch für die Prüfung genutzt werden können.

Des Weiteren wird durch die EU-Reform die externe Rotation der Revisionsstelle eingeführt, welche die Höchstlaufzeit eines Mandates auf 20 Jahre begrenzt. Durch die externe Rotation erhofft sich die Europäische Kommission eine Erhöhung der Unabhängigkeit, indem der Betriebsblindheit entgegen gewirkt und damit eine Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung erreicht wird. Demgegenüber  sehen Kritiker die langjährige Zusammenarbeit zwischen Revisionsunternehmen und -kunde als förderlich für die Qualität der Abschlussprüfung. Denn im Fall einer externen Rotation, muss sich die neue Revisionsgesellschaft zuerst einarbeiten – das kann sich negativ auf die Qualität auswirken und auch die Kosten für das geprüfte Unternehmen erhöhen.

Viele grosse Schweizer Unternehmen würden momentan der EU-Reform nicht genügen, wie bei der Analyse der Geschäftsberichte der Berichtsjahre 2013-2015 der SMI Expanded® Unternehmen  zu erkennen ist: es werden auch Nichtprüfungs- leistungen bezogen, die gemäss EU-Reform zu den verbotenen Nichtprüfungs- leistungen gehören. Auch betreffend Rotationspflicht genügen die Schweizer Unternehmen den neuen EU-Regelungen nicht. Mehr als die Hälfte der grössten börsenkotierten Unternehmen hat seit über 10 Jahren die gleiche Revisionsstelle und fast 20% haben die gleiche Revisionsstelle seit über 20 Jahren. Einzig das Verhältnis von Nichtprüfungsleistungen zu  Prüfungsleistungen wird vom grössten Teil der SMI Expanded® Unternehmen eingehalten. Da Schweizer Unternehmen den EU-Regelungen nicht genügen würden, stellt sich die Frage, inwiefern sie überhaupt von diesen Reformen tangiert werden. Dabei werden zwei Fälle unterschieden. Der erste betrifft eine Schweizer Tochtergesellschaft eines EU-Mutterkonzerns. Da die EU-Richtlinie in der Schweiz nicht verpflichtend ist, gilt dies auch für Tochterunternehmen in der Schweiz. Jedoch ist aus Praktikabilitätsgründen zu erwarten, dass der europäische Konzern im Ausland die gleichen Bestimmungen für seine Tochtergesellschaften in der Schweiz erlässt. Umgekehrt handelt es sich im zweiten Fall um einen Schweizer Mutterkonzern mit einem Tochterunternehmen im EU-Ausland. Dieses wird betroffen, wenn es sich dabei um eine Bank, Versicherung, oder ein Unternehmen des öffentlichen Interesses handelt.

Des Weiteren ist zu erwarten, dass die EU-Reform  auch die Verteilung der Marktanteile im Schweizer Prüfermarkt beeinflussen wird, wobei weiterhin mit der Dominanz der grössten vier Prüfungsgesellschaften im Bereich der Prüfung grosser kotierter Unternehmen zu rechnen ist.

Für international tätige Schweizer Unternehmen, ergeben sich drei Handlungs- möglichkeiten bezüglich der Audit-Reform. Die erste ist eine Insellösung, in der nur die betroffenen Tochterunternehmen im europäischen Ausland die neuen Regelungen annehmen. Will man diese Insellösung aus Praktikabilitätsgründen vermeiden, ergibt sich als zweite Möglichkeit die freiwillige Übernahme der Reformen für den gesamten Konzern. Dies erscheint insbesondere aus Good-Governance-Gründen sinnvoll. Drittens erweist sich der Joint-Audit als sinnvoller Mechanismus, um der Rotationspflicht nachzukommen. Diese Art der Gemeinschaftsprüfung ermöglicht eine kontinuierliche Rotation, so dass die teure Einarbeitungsphase vermieden werden kann.

Quelle: Knezevic, Ivan (2016): «Auswirkungen der neuen EU-Regelungen zur Unabhängigkeit der Abschlussprüfer auf die Schweiz», unveröffentlichte Bachelorarbeit.

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