Report 2023

Seit dem Jahr 2013 wird der Revisionsmarkt der kotierten Unternehmen in der Schweiz durch den Swiss Audit Monitor umfassend und systematisch untersucht. In einem jährlich erscheinenden Report werden die Revisionshonorare, die zusätzlichen Honorare, die Mandatsdauer der Revisionsgesellschaften und die verwendeten Rechnungslegungsstandards von Unternehmen des Swiss Market Index (SMI) und Swiss Performance Index (SPI) erhoben und ausgewertet. Mit dem Zeitraum 2013 – 2022 liegen der Auswertung 10 Berichtjahre zugrunde. Diese Langzeitbetrachtung ist in dieser Form einzigartig und ermöglicht Aussagen zur Dynamik dieses Marktsegments.

Der bereits siebten Ausgabe des Swiss Audit Monitor liegt das Geschäftsjahr 2022 zugrunde. Gegenüber der letztjährigen Ausgabe gibt es folgende nennenswerte Veränderungen und Erkenntnisse:

  • Das Gesamtvolumen der Revisions- und Zusatzhonorare, welches weltweit von den 213 untersuchten in der Schweiz kotierten Unternehmen entrichtet wurde, beläuft sich 2022 auf CHF 664.6 Mio.1 Dies entspricht einer Steigerung von 5.9% (inkl. Fremdwährungseffekte) gegenüber dem Vorjahr. Die Bedeutung der im SMI enthaltenen, 20 grössten Unternehmen ist unverändert gross und zeigt sich darin, dass bei diesen rund zwei Drittel der Honorare anfallen. Der Rest verteilt sich auf die weiteren 193 untersuchten Unternehmen.
  • Die Revisionshonorare belaufen sich auf insgesamt CHF 572.6 Mio. (+9.1%), die Zusatzhonorare auf CHF 92.1 Mio. (-10.7%). Das Volumen der Revisionshonorare ist auf dem zweithöchsten Stand seit Untersuchungsbeginn und wurde nur im Jahr der erstmaligen Erhebung, 2013, übertroffen. Demgegenüber ist das Volumen der Zusatzhonorare auf dem tiefsten Stand seit 2013.
  • Das durchschnittliche Revisionshonorar je kotierte SMI-Gesellschaft sinkt im Vergleich zu den Vorjahren um CHF 1.6 Mio. leicht. Auch hier zeigt sich die Bedeutung der Unternehmen des SMI, bei denen das Durchschnittshonorar CHF 19.3 Mio. beträgt, während es sich bei allen kotierten Unternehmen im Schnitt auf CHF 2.7 Mio. beläuft.
  • Insgesamt gibt es vier Neukotierungen, sechs Dekotierungen und 15 Revisionsstellenwechsel. Bei den neu kotierten Unternehmen werden drei von vier durch eines der Big 3-Unternehmen EY, KPMG oder PwC geprüft. Bei den Revisionsstellenwechseln zeigt sich ein leicht anderes Bild; von den gesamthaft 15 Gesellschaften, welche ihre Revisionsstelle wechselten, entschieden sich zehn für ein Big 3-Unternehmen (vorher wurden 13 von den 15 Unternehmen von Big 3-Unternehmen revidiert).
  • Im Geschäftsjahr 2022 wechselte ein SPI-Unternehmen den Rechnungslegungsstandard. Es wenden 76 Unternehmen Swiss GAAP FER (2013: 53) und 109 Unternehmen IFRS (2013: 128) an. Die restlichen Gesellschaften rapportieren gemäss US GAAP (2021: 11 / 2013: 11) und Bankengesetz (2021: 17 / 2013: 18). Der in den vorangegangenen Jahren festgestellte Trend, dass Unternehmen auf den gegenüber dem IFRS weniger komplexen Standard Swiss GAAP FER wechseln, scheint zu einem Ende gekommen zu sein.
  • Die durchschnittliche Mandatsdauer der SPI-Gesellschaften beträgt 14.4 Jahre, diejenige der SMI-Gesellschaften 11.3 Jahre. Bei 30% der SMI-Unternehmen ist seit über 20 Jahren dieselbe Revisionsgesellschaft tätig. Die längste Amtsdauer einer Revisionsgesellschaft (und ihrer Vorgängerorganisationen) beträgt 116 Jahre.

Nachfolgend wird im Detail auf die Honorare, die Marktstruktur, alle Prüferwechsel und die Mandatsdauer sowie auf die Rechnungslegungsstandards bei kotierten Unternehmen in der Schweiz eingegangen.

01

Aufgaben und Nutzen der Revisionsstelle

Im vielschichtigen und arbeitsteiligen Wirtschaftsgefüge besteht ein grosses Bedürfnis nach einem unabhängigen Urteil zur Finanz-, Vermögens- und Ertragslage eines Unternehmens. Die verschiedenen Akteure müssen darauf vertrauen können, dass sich ihr Gegenüber an die Spielregeln hält. Im Zusammenhang mit der Finanzberichterstattung bestehen solche Spielregeln in Form von Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften. So stipuliert das Schweizer Obligationenrecht eine weitgehende Pflicht zur Buchführung (Art. 957 OR) als Grundlage für die Rechnungslegung. Die Pflicht dazu wiederum unterscheidet sich nach der Grösse: Grundsätzlich soll die Rechnungslegung die wirtschaftliche Lage so darstellen, dass sich Dritte ein zuverlässiges Urteil bilden können (Art. 958 OR). Grosse und börsenkotierte Unternehmen müssen einen der anerkannten Standards zur Rechnungslegung (wie Swiss GAAP FER, IFRS oder US GAAP) anwenden (Art. 962 OR), deren Ziel die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der wirtschaftlichen Lage ist.

Spiegelbildlich dazu hat der Gesetzgeber in der Schweiz die Revisionspflicht ausgestaltet (Art. 727 ff. OR): Während kleinere Gesellschaften Gegenstand einer eingeschränkten Revision sind oder sich sogar von der Revisionspflicht befreien können (Art. 727a OR), unterliegen grössere ebenso wie kotierte Unternehmen einer ordentlichen Revision (Art. 727 OR). Mit diesem Konzept trägt der Gesetzgeber unterschiedlichen Schutzbedürfnissen verschiedener Akteure Rechnung. Während bei den Publikumsgesellschaften die Investoren geschützt werden sollen, geht es bei grösseren, sog. wirtschaftlich bedeutenden, Unternehmen um den Schutz der Öffentlichkeit. Bei kleineren Unternehmen sollen besonders Drittgläubiger und Minderheitsaktionäre geschützt werden.

Unabhängig von den angewendeten Spielregeln (Rechnungslegungsstandards) und der Art der Revision (eingeschränkt, ordentlich) sind die Akteure an einem unabhängigen Urteil über die Finanzberichterstattung interessiert. Im Gefüge der Corporate Governance kommt der externen Revisionsstelle diese Aufgabe zu. Sie hat – im Auftrag der Aktionäre – zu prüfen, ob die Finanzberichterstattung in Übereinstimmung mit dem gewählten Rechnungslegungsstandard erstellt wurde. Darüber erstattet die Revisionsstelle den Aktionären an der Generalversammlung einen (zusammenfassenden) Bericht (Art. 728b Abs. 2 OR). Zuhanden des Verwaltungsrates erstellt sie zudem einen umfassenden Bericht mit Feststellungen, nicht nur zur Rechnungslegung, sondern auch zum internen Kontrollsystem sowie der Durchführung und dem Ergebnis der Revision (Art. 728b Abs. 1 OR).

Weil Aktionäre nicht über denselben Kenntnisstand wie das Management verfügen, besteht ein zentraler Nutzen der Revision in der Verringerung solcher Informationsasymmetrien (Prinzipal-Agent-Theorie): ein so definierter Nutzen nimmt mit steigender ökonomischer und regulatorischer Komplexität zu. Ein weiterer Nutzen der Revision liegt anerkanntermassen in ihrer präventiven Wirkung. Allein die Tatsache, dass eine Revision durchgeführt wird, hilft fehlerhaftes Verhalten zu vermeiden und fördert eine sorgfältige Informationserstellung (Erwartungsnutzen-Theorie). Die Validierung von Unternehmensinformationen trägt massgeblich dazu bei, die Transaktionskosten zwischen den verschiedenen Wirtschaftsakteuren zu senken (Transaktionskosten-Theorie). Durch eine gesetzlich vorgeschriebene Revision werden im Sinne der Wirtschaft als Ganzes auch die mit einer privaten Validierung solcher Informationen verbundenen Probleme gelöst (Kollektivgut-Theorie).

02

Honorare

Im Jahr 2022 betrugen die von den SPI-Unternehmen insgesamt entrichteten Revisionshonorare CHF 572.6 Mio. Das Gesamtvolumen stieg im Vergleich zum Vorjahr um CHF 47.8 Mio. Die einzelnen Faktoren und die Gründe für den Anstieg von 9.1% gehen im Einzelnen aus Tabelle 1 hervor. Die Honorarveränderungen bei gleichbleibender Revisionsstelle tragen zu einem Grossteil dieses Anstiegs bei und sind – wie gezeigt wird – auf bestimmte Einzelereignisse (wie die Einführung eines neuen Rechnungslegungsstandards) zurückzuführen. Einen bedeutenden Einfluss haben jedoch auch Wechselkurseffekte, die aus Umrechnungen in CHF zwecks Vergleichbarkeit entstehen. Leicht negativ wirken sich wiederum die Honorarveränderungen nach einem Wechsel der Revisionsstelle aus.

Werden nur die 167 Unternehmen betrachtet, welche zwischen 2013 und 2022 konstant im SPI vertreten waren, weist das Volumen der Revisionshonorare in diesem Zeitraum eine Steigerung von CHF 494.3 Mio. auf CHF 538.1 Mio. auf. Ebenfalls stieg in diesem Zeitraum deren durchschnittliches Revisionshonorar von CHF 3.0 Mio. auf CHF 3.2 Mio.

Abbildung 1 HONORARENTWICKLUNG SPI

in CHF Mio.

Die Veränderungen gegenüber 2021 sind durch vier Faktoren zu erklären, wie den folgenden Tabellen zu entnehmen ist.

Im Berichtsjahr 2022 gab es insgesamt vier Neukotierungen. Diesen standen sechs Abgänge entgegen. Der gewichtigste Neuzugang war die Kotierung der Accelleron AG (ein Spin-off der ABB) mit einem Revisionshonorar von rund CHF 2.2 Mio. Die Dekotierung der Vifor Pharma AG hatte demgegenüber eine Reduktion von ca. CHF 1.3 Mio. zur Folge. In Summe entstand aus den Mutationen des Index eine Reduktion des Volumens der Revisionshonorare von rund CHF 1.4 Mio.

Die echten Veränderungen beim Gesamtvolumen aller von den SPI-Unternehmen entrichteten Revisionshonoraren (also jene bei gleicher Revisionsstelle) machten netto CHF 44.4 Mio. aus, wobei davon nicht weniger als CHF 30.5 Mio. bei den in der Folge erläuterten 20 SMI-Unternehmen anfielen. Generell liess sich dieses Jahr aber bei vielen Unternehmen ein leichter Anstieg der Revisionshonorare beobachten; von den 213 untersuchten Unternehmen stiegen die Revisionshonorare bei 132 Unternehmen, während sie bei 63 Unternehmen sanken.

Revisionsstellenwechsel schliesslich verursachten einen Rückgang von rund CHF 1.6 Mio. (zum Vergleich im Vorjahr: CHF 18.4 Mio.). Die Gründe werden weiter unten im Detail analysiert. Die (rein rechnerisch bedingten) Wechselkursveränderungen hatten einen positiven Einfluss von rund CHF 6.5 Mio.

Im Jahr 2022 entrichteten die 20 im SMI kotierten Unternehmen insgesamt CHF 386.3 Mio. für Revisionshonorare, was ca. 67% der Gesamtsumme der Revisionshonorare im SPI entspricht. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Summe der Revisionshonorare im SMI netto um insgesamt CHF 33.1 Mio. (inkl. rechnerische Wechselkursveränderungen) gestiegen.

Die Position Indexmutationen besteht aus dem Zugang der Sonova AG (CHF +2.3 Mio.) respektive dem Abgang der SGS AG (CHF -6.2 Mio.).

Bei den SMI-Unternehmen betragen die Honorarveränderungen (bei der gleichen Revisionsstelle) wie bereits erwähnt CHF 30.5 Mio., wobei der Grossteil bei den drei Unternehmen Zurich Insurance (CHF +13.4 Mio.), CS Group (CHF +7.2 Mio.) und Swiss Re (CHF +6.9 Mio.) angefallen ist. Der Grund für die starke Zunahme bei den beiden Versicherungsunternehmen liegt in der erstmaligen Prüfung von IFRS 17 «Versicherungsverträge» und/oder der Umstellung von US GAAP auf IFRS. Auch bei Swiss Life (CHF + 2.2 Mio.) und den anderen Versicherungsunternehmen stiegen die Revisionshonorare aufgrund der Einführung von IFRS 17 und IFRS 9 um zwischen 30 – 50%.

Abbildung 2 TOP 20 REVISIONSHONORARE 2022 SPI

in CHF Mio.
Revisionsgesellschaft:

Insgesamt sank das Revisionshonorar bei nur gerade einem Unternehmen (Vorjahr: elf Unternehmen), wohingegen es bei 16 stieg (Vorjahr: acht Unternehmen). Die Umrechnung der entsprechenden Angaben in CHF hatten einen rechnerischen Einfluss von CHF +7.7 Mio. Das im Jahr 2022 von SMI-Unternehmen durchschnittlich entrichtete Revisionshonorar von CHF 19.3 Mio. ist höher, ebenso der Median von CHF 10.4 Mio. (Durchschnittshonorar im Vorjahr: CHF 17.7 Mio.; Median im Vorjahr: CHF 10.0 Mio.). Die durchschnittlich von SPI-Unternehmen bezahlten Revisionshonorare von CHF 2.7 Mio. (Median: CHF 0.6 Mio.) erhöhten sich im Vergleich zum letzten Jahr ebenfalls leicht (Durchschnittshonorar im Vorjahr: CHF 2.4 Mio.; Median im Vorjahr: CHF 0.6 Mio.).

Abbildung 3 VERTEILUNG REVISIONSHONORARE 2022 SPI SPI ex SMI, n=195

Wie bisher wird das durchschnittliche Revisionshonorar sowohl beim SMI wie auch beim SPI ex SMI durch einige Unternehmen mit sehr hohen Revisionshonoraren nach oben verzerrt.

Die Zusatzhonorare sanken im SPI deutlich auf CHF 92.1 Mio. (Vorjahr: CHF 103.1 Mio.), was einem Rückgang von ca. 10.7% entspricht. Im SMI ging das Total der zusätzlichen Honorare um ca. 9.4% auf CHF 59.4 Mio. (Vorjahr: CHF 65.6 Mio.) zurück. Die fünf höchsten Zusatzhonorare sind bei UBS, Nestlé, ABB, Swiss Re und Zurich Insurance zu beobachten, welche gemeinsam ein Volumen von CHF 42.4 Mio. aufweisen. Bei diesen fünf Gesellschaften fallen somit fast die Hälfte aller Zusatzhonorare an. Die grössten Veränderungen an Zusatzhonoraren (gemessen am Absolutwert) verzeichneten Zurich Insurance (CHF -10.2 Mio.), Swiss Re (CHF +4.7 Mio.) und UBS (CHF +4.2 Mio.). Es zeigt sich, dass die Zusatzhonorare und deren hier betrachtete Veränderungen massgeblich auf Einzelereignisse wie die Einführung eines neuen Rechnungslegungsstandards (wie IFRS 17 bei den Versicherungen) oder neue regulatorische Anforderungen zurückzuführen sind. Desweitern ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Beratungsdienstleistungen von anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die nicht als Revisionsstelle amten, nicht offengelegt werden müssen (siehe entsprechender Exkurs).

EXKURS: Im Anhang zur Jahresrechnung offengelegte Honorare der Revisionsstelle

Unternehmen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen zusätzliche Angaben im Anhang der Jahresrechnung machen (vgl. Art. 961 OR). Dazu gehört der Ausweis des Honorars der Revisionsstelle, je gesondert für Revisionsdienstleistungen und andere Dienstleistungen (Art. 961a Ziff. 2 OR und Richtlinie zur Information zur Corporate Governance der SIX Exchange Regulation).

  • Das Honorar für Revisionsdienstleistungen (sog. Revisionshonorar) umfasst alle Tätigkeiten, die auf der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht der gewählten Revisionsstelle beruhen. Dazu gehören die Prüfung der Konzernrechnung, der Obergesellschaft (Holding) sowie der gesetzlichen Einzelabschlüsse der Tochtergesellschaften ebenso wie Honorare für die zur Prüfung beigezogenen Spezialisten.
  • Das Honorar für die anderen Dienstleistungen (sog. Zusatzhonorare bzw. zusätzliche Honorare) umfasst weitere Tätigkeiten, welche von der gewählten Revisionsstelle neben der eigentlichen Prüfungstätigkeit erbracht werden (z. B. Steuerberatung, Rechtsberatung).

Für den Ausweis des Honorars der Revisionsstelle gilt, dass nur derjenige Betrag im Anhang offenzulegen ist, der an die gewählte Revisionsstelle entrichtet wurde. Dies bedeutet, dass das ausgewiesene Revisionshonorar nur dann mit dem Total der Honorare für die Prüfung der Konzernrechnung übereinstimmt, falls alle Tochtergesellschaften vom selben Revisionsunternehmen revidiert werden.

Zu beachten ist weiter, dass sich die Honorarangaben nicht nur auf die Revisionstätigkeit in der Schweiz beziehen, sondern bei einem global tätigen Unternehmen auf die weltweit an das Revisionsunternehmen entrichteten Honorare. Daher sind die ermittelten Honorarvolumen nicht deckungsgleich mit dem Volumen des Schweizer Revisionsmarktes.

Von den 213 untersuchten börsenkotierten Unternehmen bezogen im Jahr 2022 lediglich 41 (19.2%) keine zusätzlichen Leistungen von ihrer Revisionsstelle (Vorjahr: 34 bzw. 15.8%). Im SMI entrichteten, wie bereits in den Vorjahren, alle Unternehmen zusätzliche Honorare an ihre Revisionsstelle, woraus – in Übereinstimmung mit bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen – geschlossen werden kann, dass grössere Unternehmen generell mehr zusätzliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Werden die insgesamt bezahlten zusätzlichen Honorare ins Verhältnis zu den insgesamt bezahlten Revisionshonoraren gesetzt, machen diese 16.1% (Vorjahr: 19.6%) aus. Der Mittelwert des Verhältnisses der zusätzlichen Honorare zu den Revisionshonoraren der letzten drei Jahre und über alle börsenkotierten Unternehmen hinweg betrachtet, beträgt 18.2%. Dies liegt deutlich unterhalb des europäischen Schwellenwertes, welcher die Nichtprüfungsleistungen auf 70% des Durchschnitts, der in den letzten drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren erbrachten Revisionshonorare begrenzt. Von den untersuchten Unternehmen überschreiten immerhin 11 (5.4%) die 70%-Schwelle für zusätzliche Honorare (Vorjahr: 12 bzw. 5.8%), während der überwiegende Teil der in der Schweiz börsenkotierten Unternehmen die Regelungen der Europäischen Union einhalten würde.

Die Branche, in der das geprüfte Unternehmen tätig ist, beeinflusst die Berichterstattung und den Umfang der Prüfungsleistungen massgeblich. Die Analyse der Revisionshonorare je Branche ergibt, dass Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche mit durchschnittlich CHF 5.2 Mio. die höchsten Honorare für die Abschlussprüfung entrichten. Danach folgen die Unternehmen aus der Verbrauchsgüterbranche und dem Gesundheitswesen, mit einem durchschnittlichen Revisionshonorar von CHF 3.0 Mio. respektive CHF 2.3 Mio. Anzumerken ist, dass Credit Suisse, UBS und Zurich Insurance aufgrund ihrer grossen Volumina das Durchschnittshonorar der Finanzdienstleistungsbranche stark beeinflussen. Bei der Verbrauchsgüterbranche ist es hauptsächlich Nestlé und im Gesundheitswesen sind es die beiden Pharmakonzerne Novartis sowie Roche.

Aufgrund dieser starken Verzerrung bei der Berechnung der Durchschnittshonorare nach Branchen wurde auch der Median herangezogen, der weniger empfindlich gegenüber Ausreissern ist. In der Medianbetrachtung ist die Technologie- und Telekommunikationsbranche mit CHF 1.0 Mio. Spitzenreiter, gefolgt von der Verbrauchsgüterbranche mit CHF 0.8 Mio. und der Finanzdienstleistungsbranche mit CHF 0.7 Mio. In der Immobilienbranche sind dagegen die Revisionshonorare – auch relativ gesehen – am geringsten (Durchschnittshonorar: CHF 0.3 Mio.; Medianhonorar: CHF 0.2 Mio.).

03

Marktstruktur

Seit dem Untergang von Arthur Anderson im Jahr 2002 dominieren weltweit die grossen vier Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte, EY, KPMG und PwC (sog. Big 4) den Markt. In der Schweiz ist eine ähnliche Struktur zu beobachten, wobei hier bezogen auf den Revisionsmarkt zuweilen gar von den Big 3 (EY, KPMG, PwC) gesprochen wird. In Hinblick auf die Anzahl Mandate gab es gegenüber dem Vorjahr kaum Änderungen. So haben 2022 von den 213 untersuchten Unternehmen nur 35 ein Revisionsunternehmen beauftragt, das nicht zu den Big 3 gehört (Vorjahr: 31 von 215 untersuchten Unternehmen) und 24 ein Revisionsunternehmen, das nicht zu den Big 4 gehört (Vorjahr: 21 von 215 untersuchten Unternehmen). Bei Betrachtung der Revisionshonorare 2022 wird ersichtlich, dass Deloitte, BDO und die übrigen Non-Big 3-Revisionsgesellschaften an Marktanteilen verloren haben und insgesamt CHF 18.8 Mio. (Vorjahr: CHF 30.1 Mio.) erhielten, was einen Anteil von knapp 3.3% (Vorjahr: 5.7%) am Gesamtvolumen der Revisionshonorare aller SPI-Unternehmen ausmacht. Mit Blick auf den SMI zeigt sich ein noch deutlicheres Bild: Nur gerade ein SMI-Mandat wird von einer Non-Big 3 Revisionsgesellschaft (Deloitte) gehalten, was rund 1.0% der von SMI-Unternehmen entrichteten Revisionshonorare entspricht (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4 DOMINANZ DER GROSSEN SPI Gesamtvolumen Revisionshonorar PwC, EY, KPMG, Deloitte & BDO

Die Dominanz der Big 4-Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC variiert länderspezifisch. In der Vergangenheit dominierten in der Schweiz klar die Big 3 den Markt.

EXKURS: Oligopol

Die EU versucht das Oligopol der Big 4 unter anderem mit der zwingenden externen Rotation der Revisionsstelle aufzubrechen. Diese sieht vor, dass eine Ausschreibung des Mandats für die Revisionsstelle nach spätestens zehn Jahren erfolgen muss und dieselbe Revisionsgesellschaft maximal 20 Jahre in einem Unternehmen wirkt. Jedoch ist zu bezweifeln, ob die externe Rotationspflicht zu einer geringeren Konzentration im Markt führen wird. In der Schweiz ist ein ähnliches Verhalten wie bereits im Ausland festzustellen: gelangt ein Revisionsmandat einer Big 4 zur Ausschreibung, folgt in der Regel auf eine Big 4 eine andere. Kleinere Revisionsunternehmen kommen nur in Ausnahmefällen zum Zuge. Dies trifft auch auf die erstmals im SPI vertretenen Unternehmen zu; dort werden drei von vier Unternehmen von Big-3-Revisionsgesellschaften geprüft (Vorjahr: vier von sechs).

EXKURS: Rotationspflicht

In der Diskussion zur externen Rotationspflicht kommt die Tatsache zu kurz, dass ein Oligopol nicht zwingend zu mangelndem Wettbewerb oder Preisabsprachen führt. So sind die Revisionshonorare bei den SMI-Unternehmen mehrheitlich stabil und Unternehmen wechseln auch ohne gesetzliche Pflicht die Revisionsstelle. Ausserdem verfügen die kleineren Revisionsunternehmen oft nicht über das erforderliche internationale Netzwerk und können sich die immer wichtigeren und grösseren Investitionen in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur (z. B. für aufwändige Datenanalysen) kaum leisten. Aus diesen Gründen wird ein weltweit tätiger Grosskonzern kaum auf die Dienste einer Big 4-Revisionsgesellschaft verzichten können.

Bei einer näheren Betrachtung der Anzahl der Mandate pro Revisionsgesellschaft (vgl. Abbildung 5) ist ersichtlich, dass in den vergangenen 10 Jahren PwC als Marktleader netto 25 Mandate und EY netto 8 Mandate verloren haben. Demgegenüber konnten KPMG netto 12 Mandate, Deloitte netto 5 Mandate und BDO sowie die übrigen Revisionsgesellschaften netto je 8 Mandate dazugewinnen.

Per Ende 2022 prüfte PwC 72 SPI-Unternehmen, KPMG 61, EY 45, BDO 14 und Deloitte 11. Die übrigen Revisionsstellen kommen gemeinsam auf 10 SPI-Mandate.

Abbildung 5 REVISIONSKUNDEN 2019-2022 SPI Jeweils zum 31.12. des Jahres (Kotierungen und Dekotierungen sind auch enthalten)

Anzahl Mandate

Diese Verschiebungen beeinflussen mitunter auch das Gesamtvolumen an Revisions- und Zusatzhonoraren (vgl. Abbildung 6). Im untersuchten 10 Jahres-Zeitraum verzeichnete PwC einen Rückgang des entsprechenden Umsatzes von CHF 62.8 Mio. im SPI (von CHF 258.9 Mio. in 2013 auf CHF 196.1 Mio. in 2022). EY konnte dagegen den Umsatz um CHF 26.4 Mio. erhöhen (von CHF 207.2 Mio. in 2013 auf CHF 233.6 Mio. in 2022). Auch KPMG steigerte den Umsatz mit SPI-Unternehmen um CHF 20.9 Mio. (von CHF 193.0 Mio. in 2013 auf CHF 213.9 Mio. in 2022).

Das Gesamtvolumen von Deloitte sank von CHF 21.7 Mio. (2013) auf CHF 14.3 Mio. (2022), was einer Reduktion von CHF 7.4 Mio. entspricht; dasjenige von BDO stieg in diesem Zeitraum leicht (CHF 0.4 Mio. in 2013 und CHF 4.5 Mio. in 2022).

Abbildung 6 GESAMTHONORARE BIG 4 SPI

in CHF Mio.

Seit 2013 hat sich das Volumen an Revisions- und Zusatzhonoraren, welches die Big 4 mit den kotierten Unternehmen erzielt haben, von CHF 680.8Mio. auf CHF 657.9 Mio. verringert. Zwischen den Big 4 ist es in diesem Zeitraum allerdings zu markanten Verschiebungen gekommen. Während PwC 2013 umsatzmässig der unangefochtene Leader vor EY und KPMG war, lag 2022 EY vor KPMG und PwC. Diese Entwicklung ist einerseits ein Hinweis auf eine, in einem Oligopol vielleicht unerwartete Dynamik, anderseits handelt es sich aber auch um eine stichtagsbezogene Betrachtung, die in den Vorjahren aufgrund des Wechsels von SMI-Unternehmen unterschiedlich ausgefallen wäre.

Wie im Abschnitt zu den Prüferwechseln detailliert ausgeführt, ist es damit auch in 2022 zu deutlichen Honorarverschiebungen zwischen den Revisionsgesellschaften gekommen. Aufgrund der zum Teil langen Mandatsdauern in der Schweiz und den diametral entgegenstehenden Entwicklungen in der Europäischen Union ist zu erwarten, dass auch in Zukunft weitere Revisionsstellenwechsel bei kotierten Unternehmen zu verzeichnen sein werden – mit entsprechenden Auswirkungen auf die erläuterten Zahlen.

Abbildung 7 DURCHSCHNITTSHONORARE PRO BIG 4 GESELLSCHAFT SPI

in CHF Mio.

Die untenstehende Tabelle zeigt, durch welche Faktoren die Veränderung des Volumens der Revisionshonorare bei den einzelnen Revisionsunternehmen beeinflusst wird. Bedeutsamster Neuzugang in den SPI – gemessen am Revisionshonorar – stellt das ABB-Spin-Off Accelleron, das von KPMG geprüft wird, mit einem Revisionshonorar von rund CHF 2.2 Mio. dar. Demgegenüber stehen die Abgänge der Vifor Pharma (EY), der Bobst Group (PwC) und der Valora Holding (EY) mit Revisionshonoraren im Vorjahr in der Höhe von CHF 1.3 Mio., CHF 1.1 Mio. bzw. CHF 1.0 Mio.

Bei bestehenden Mandaten gab es bei den Revisionshonoraren auch in diesem Jahr wieder grosse Verschiebungen durch diverse Wechsel – allen voran Novartis (von PwC zu KPMG), Holcim (von Deloitte zu EY) und Sika (von EY zu KPMG). Diese Veränderungen werden im nächsten Abschnitt eingehend analysiert.

04

Prüferwechsel und Mandatsdauer

Bei näherer Betrachtung der Veränderung der Revisionsmandate wird zwischen Wechseln von bestehenden SPI-Unternehmen sowie Indexmutationen unterschieden (vgl. Tabelle 4). Die folgenden Ausführungen haben ausschliesslich die Wechsel von bestehenden SPI-Unternehmen zum Gegenstand. Die Abgänge und Zugänge werden nicht thematisiert.

Im Jahr 2022 wechselten insgesamt 15 Unternehmen, die dem SPI schon zuvor angehörten, ihre Revisionsstelle (Vorjahr: 16 Unternehmen). Die grössten Veränderungen gab es bei PwC, welche netto sieben Mandate verlor, sowie bei KPMG, welche sechs zusätzliche Mandate verzeichnen konnte. Von den 15 Unternehmen, die ihre Revisionsgesellschaft 2022 wechselten, wählten immerhin fünf eine Non-Big 3-Revisionsgesellschaft. Die Revisionsstellenwechsel hatten dennoch insgesamt wenig Einfluss auf die Konzentration in der Branche.

Der Blick auf den Gesamtmarkt zeigt deutlich die Dominanz der grössten drei Revisionsgesellschaften. Von den Total 213 Mandaten am Markt werden insgesamt 178 von den Big 3, respektive 189 von den Big 4 geprüft.

Honorare beim Wechsel der Revisionsstelle

Das Volumen aller Mandate, bei denen im Jahr 2022 ein anderes Revisionsunternehmen gewählt wurde, beläuft sich auf CHF 54.8 Mio. Die Verschiebung von Honoraren (Revisions- und Zusatzhonorare) durch Revisionsstellenwechsel für den ganzen Untersuchungszeitraum 2013 – 2022 beläuft sich auf CHF 364.1 Mio., wobei ein bedeutender Teil auf 2020 zurückgeht, in dem mit Nestlé und Credit Suisse zwei grosse SMI-Unternehmen die Revisionsstelle gewechselt haben.

Im Berichtsjahr haben mit Holcim, Novartis und Sika drei grosse Unternehmen neue Revisionsstellen gewählt: Im Falle von Holcim hat sich das gesamte Revisionshonorar von CHF 15.0 Mio. auf CHF 13.9 Mio. verringert. Der Anteil, der auf EY als Gruppenprüfer angefallen ist, hat sich im Vergleich zur vorherigen Revisionsstelle Deloitte allerdings markant von CHF 12.5 Mio. auf CHF 9.2 Mio. verringert, wohingegen Drittprüfer neu CHF 4.7 Mio. erhalten (vorher CHF 2.5 Mio.). Bei Novartis ist das Revisionshonorar beim Wechsel von PwC zu KPMG marginal gestiegen (von Mio. 22.2 USD auf Mio. 22.5 USD), während sich bei Sika beim Wechsel von EY zu KPMG das Revisionshonorar leicht verringerte (von CHF 5.2 Mio. auf CHF 4.8 Mio.).

Auch zu beobachten ist, dass bei einem Wechsel der Revisionsstelle das Revisionshonorar in den meisten Fällen sinkt. Wird der Zeitraum 2013 – 2022 betrachtet, so sank das Revisionshonorar bei 71 der 98 SPI-Unternehmen, welche die Revisionsgesellschaft wechselten, und zwar im Durchschnitt um 10.1% (Median: -19.0%). Bei 28 Unternehmen erhöhten sich die Honorare, während es bei 15 Unternehmen unverändert blieb.

Abbildung 8 HONORARE BEI WECHSEL DER REVISIONSSTELLE

Revisionshonorar in CHF Mio.

EXKURS: Wahl der Revisionsstelle

Die Forschung zeigt, dass die wichtigsten Eigenschaften der Revisionsstelle Fach-, Branchenkenntnisse, Prüfungsqualität sowie Unabhängigkeit sind. Das Honorar der Revisionsstelle hängt von verschiedenen Determinanten ab, wovon die wichtigsten die Grösse des Unternehmens, die geographische Verteilung und Anzahl der Tochtergesellschaften sowie die Branchenzugehörigkeit sind.

Als Gründe für einen (freiwilligen) Wechsel der Revisionsstelle werden ein neuer, unabhängiger Blick, aber auch das Honorar angeführt. Entsprechende Auswertungen zeigen, dass das Revisionshonorar nach einem Wechsel der Revisionsstelle im Durchschnitt tatsächlich sinkt. Diesen Einsparungen stehen aber Kosten in Form des Ausschreibungsprozesses als auch der Einarbeitung des neuen Revisionsunternehmens gegenüber.

Der Verwaltungsrat ist daher angehalten, das Ausschreibungsverfahren fair und transparent zu gestalten. Dazu gehört, die Anforderungen an die Revisionsstelle, aber auch den Ablauf des Auswahlverfahrens (wie z.B. den Zugang zu den Informationen und Vertretern des Unternehmens oder die Art der Präsentationen der Offerten) vorab festzulegen und zu kommunizieren. Gerade bei grossen Unternehmen ist das Ausschreibungsverfahren für das Unternehmen wie auch die Revisionsgesellschaft sehr zeitintensiv. Der Verwaltungsrat soll dies in seiner Entscheidungsfindung entsprechend berücksichtigen und auch beurteilen, wann der geeignete Zeitpunkt für einen möglichen Wechsel ist.

Mandatsdauer

Die durchschnittliche Mandatsdauer der SPI-Unternehmen liegt mit 14.4 Jahren tiefer als im Vorjahr (Vorjahr: 15.1 Jahre), während der Median 10 Jahre beträgt (Vorjahr: 12.0 Jahre). Bei 23.5% (Vorjahr: 25.4%) der untersuchten SPI-Unternehmen führt seit mehr als 20 Jahren derselbe Prüfer die externe Revision durch (vgl. Abbildung 9).

Abbildung 9 MANDATSDAUER SPI

in Jahren
Anzahl Firmen

Im SMI weisen 30% der Unternehmen seit über 20 Jahren dasselbe Revisionsunternehmen auf (Vorjahr: 50%). Im Durchschnitt ist hier die gleiche Revisionsstelle 11.3 Jahre (Vorjahr: 17.8 Jahre) tätig (vgl. Abbildung 10). Die längste Mandatsdauer findet sich nach wie vor bei Dormakaba, bei welcher PwC (bzw. ihrer Vorgängerorganisationen) schon seit 116 Jahren die Abschlussprüfung durchführt. Demnach würde ein grosser Teil der SMI-Unternehmen den Unabhängigkeitsvorschriften der Europäischen Union, die eine Rotation der Revisionsstelle nach spätestens 20 Jahren vorsehen, nicht genügen.

Abbildung 10 TOP 20 MANDATSDAUER SPI

in Jahren
Revisionsgesellschaft:

Bei einem Branchenvergleich zeigt sich, dass es keine signifikant grossen Unterschiede bei der durchschnittlichen Mandatsdauer gibt. Die höchsten durchschnittlichen Mandatsdauern weisen Unternehmen im Bereich Grundstoffe, Erdöl/Erdgas und Versorgung sowie Industrieunternehmen auf. Diese Beobachtung könnte auf die höheren Einarbeitungskosten zurückzuführen sein, welche einen Prüferwechsel weniger attraktiv machen. Ein möglicher Faktor für die höheren Einarbeitungskosten ist die Unternehmensgrösse der genannten Branchen. Aufgrund der Erwartung, dass grössere Unternehmen höhere Prüfungshonorare bezahlen, kann vermutet werden, dass auch die Einarbeitungsphase für diese Unternehmen länger ist.

Abbildung 11 DURCHSCHNITTLICHE MANDATSDAUER NACH BRANCHE

in Jahren

05

Rechnungslegungs­standards

Im SPI sind die International Financial Reporting Standards (IFRS) am weitesten verbreitet – sie werden von 51.2% (Vorjahr: 50.2%) der Schweizer börsenkotierten Unternehmen angewendet. Ebenfalls bei einem beachtlichen Anteil der Unternehmen (35.7%) kommen die Swiss GAAP FER zur Anwendung (Vorjahr: 36.7%). Die Rechnungslegung in Übereinstimmung mit dem US GAAP erfolgt bei 5.2% (Vorjahr: 4.7%) und mit dem Bankengesetz bei 8.0% (Vorjahr: 8.4%) der Unternehmen (vgl. Abbildung 12).

Im Jahr 2022 wechselte ein SPI-Unternehmen seinen Rechnungslegungsstandard von Swiss GAAP FER auf IFRS, während in den vorherigen Jahren das Gegenteil beobachtet wurde: So wechselten seit 2014 total 26 Unternehmen von IFRS auf Swiss GAAP FER. Damit scheint dieser Trend an ein Ende gekommen zu sein.

Abbildung 12 RECHNUNGSLEGUNGS­STANDARDS SPI

Der Anteil der IFRS-Anwender ist seit 2013 um 14.8% zurückgegangen. Während 128 Unternehmen im Jahr 2013 IFRS anwendeten, sind es heute noch 109. Zur gleichen Zeit stieg der Anteil der Swiss GAAP FER-Anwender von 53 Unternehmen im Jahr 2013 auf 76 Ende 2022.

Abbildung 13 ANGEWENDETE RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS IM SPI (2013-2022)

Anzahl Unternehmen

Die Veränderungen der angewendeten Rechnungslegungsstandards im SPI werden durch Wechsel des Rechnungslegungsstandards, Neu- und Dekotierungen verursacht.

Seit dem Jahr 2014 wechselten insgesamt 27 Unternehmen den Rechnungslegungsstandard, wobei in 26 Fällen ein Wechsel von IFRS zu Swiss GAAP FER und in nur einem von Swiss GAAP FER zu IFRS vollzogen wurde. Die Swiss GAAP FER werden grundsätzlich zwar populärer, unter anderem aufgrund der Praxisnähe, des verbesserten Aufwand-Nutzen-Verhältnisses sowie der Anpassung an schweizerische Gegebenheiten. Sie richten sich aber eher an national geprägte Unternehmen, während sich IFRS an internationalen Grossunternehmen orientiert.

Abbildung 14 RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS NACH BRANCHE IM SPI (2021)

Anzahl Unternehmen

Im SMI wenden 80% der Unternehmen IFRS (absolut: 16), 20% US GAAP (absolut: 4) und kein Unternehmen Swiss GAAP FER an. Dies scheint nachvollziehbar, da im SMI die grössten börsenkotierten Schweizer Unternehmen mit internationaler Ausrichtung enthalten sind. Das Bankengesetz wird von keinem SMI-Unternehmen angewendet und von den vier SMI-Unternehmen, welche US GAAP anwenden, waren mit Credit Suisse und ABB zwei auch an der New York Stock Exchange (NYSE) kotiert.

Für die Analyse der Revisionshonorare nach Rechnungslegungsstandard wurde der SPI ex SMI als Datenbasis genommen (vgl. Abbildung 15), da die SMI-Unternehmen aufgrund ihrer Grösse die Ergebnisse verzerren würden. Die Resultate zeigen, dass bei den SPI ex SMI-Unternehmen US GAAP-Anwender im Durchschnitt rund eine Million mehr an Revisionshonoraren bezahlen wie IFRS-Anwender. Der starke Rückgang der durchschnittlichen Revisionshonorare bei US GAAP-Anwendern im Jahr 2013 und 2014 war durch die Dekotierung von Weatherford und den starken Honorarrückgang bei Logitech zu erklären, während der Anstieg im Jahr 2018 hauptsächlich mit dem Honoraranstieg der ABB nach dem Revisionsstellenwechsel zu begründen ist. US GAAP-Anwender entrichten deutlich höhere Revisionshonorare als Swiss GAAP FER- sowie Bankengesetz-Anwender. Dies liegt einerseits daran, dass US GAAP um ein Vielfaches umfangreicher und komplexer sind als die Swiss GAAP FER oder das Bankengesetz. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass einige nach US GAAP Rechnung legende Unternehmen ebenfalls in den USA kotiert sind bzw. waren und deren Abschlussprüfung daher nach den Vorschriften des Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) erfolgt. Zudem sind diese Zahlen aufgrund der kleinen Anzahl an US GAAP-Unternehmen anfällig für Ausreisser, da lediglich sieben der zehn US GAAP-Unternehmen Teil des SPI ex SMI sind. Bei den IFRS-Anwendern blieben die durchschnittlichen Revisionshonorare relativ stabil, obwohl seit 2013 im SPI ex SMI weniger Unternehmen IFRS anwenden. Im Jahr 2022 ergab sich eine leichte Erhöhung gegenüber dem Vorjahr und auch der Median bei den IFRS-Anwendern lag leicht höher als im Vorjahr.

Sowohl die Anzahl Anwender wie auch die durchschnittlichen Revisionshonorare der Swiss GAAP FER-Anwender nahmen seit 2013 leicht zu. Insgesamt richten sich die Swiss GAAP FER jedoch an die kleineren börsenkotierten Unternehmen. Dies ist auch daran erkennbar, dass die durchschnittlichen Revisionshonorare tiefer sind als die der US GAAP- und IFRS-Anwender. Das Bankengesetz wird grundsätzlich nur von kleineren börsenkotierten Banken angewendet. Trotzdem sind die durchschnittlichen Revisionshonorare höher als bei Swiss GAAP FER. Dies deutet auf die hohe Regulierung der Banken und die damit verbundenen höheren Kosten hin (vgl. Abbildung 15).

Abbildung 15 DURCHSCHNITTLICHE REVISIONSHONORARE NACH RECHNUNGSLEGUNGS­STANDARDS SPI ex SMI

in CHF Mio.

Je höher der Detaillierungsgrad eines Standards, desto höher fallen die durchschnittlich bezahlten Honorare aus. Bei den US-GAAP ist dieser Effekt indes etwas überzeichnet, da deren Anwender meist grosse Unternehmen sind - bei den IFRS gibt es demgegenüber auch viele kleinere und mittelgrosse kotierte Unternehmen.

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Fazit

Das Gesamtvolumen der von den kotierten Unternehmen entrichteten Revisions- und Zusatzhonorare beläuft sich im Jahr 2022 auf CHF 664.6 Mio. Rund 67% davon bzw. CHF 445.7 Mio. fallen bei Unternehmen des SMI an. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die aggregierten Revisionshonorare um CHF 47.8 Mio. erhöht und betragen nun CHF 572.6 Mio. (inkl. Wechselkursveränderungen). Die Zusatzhonorare (für andere Dienstleistungen) reduzierten sich sowohl im SPI als auch im SMI im Jahr 2022 deutlich und sind auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Auswertungen dieser Studie im Jahr 2013. Diese Zusatzhonorare machen im Durchschnitt 16.1% der Revisionshonorare aus und liegen daher weit unter der in der Europäischen Union festgelegten Schwelle von 70% (wobei anzufügen ist, dass doch elf Unternehmen darüber zu liegen kamen). Die von Unternehmen des SMI entrichteten Zusatzhonorare von CHF 59.4 Mio. machen 64.5% der im SPI bezahlten Zusatzhonorare von CHF 92.1 Mio. aus.

Die Bedeutung der 20 grössten, im SMI enthaltenen Unternehmen ist unverändert gross, zumal bei diesen Unternehmen über zwei Drittel der Honorare anfallen (weniger als ein Drittel verteilt sich auf die weiteren 193 kotierten Unternehmen). Verschiebungen in den Marktanteilen der einzelnen Revisionsunternehmen und Veränderungen anderer Kennzahlen sind daher stark beeinflusst vom Wechsel von SMI-Unternehmen.

Auch bei der Amtsdauer der Revisionsstelle unterscheiden sich Unternehmen des SMI von denjenigen des SPI: So beträgt die Mandatsdauer der Revisionsstelle bei SMI-Unternehmen im Durchschnitt 11.3 Jahre und bei SPI-Unternehmen 14.4 Jahre. Rund 24% der Schweizer börsenkotierten Unternehmen würden den Vorschriften der Europäischen Union, die eine Rotation nach spätestens 20 Jahren vorsehen, nicht genügen.

Die Analyse der Revisionshonorare nach Branchen zeigt, dass bei Unternehmen, die in der Finanzdienstleistungsbranche tätig sind, die höchsten Revisionshonorare festzustellen sind. Dies liegt einerseits an der Grösse und Komplexität der Finanzdienstleistungsunternehmen, anderseits an der starken Regulierung im Finanzsektor.

Im Schweizer Markt ist weiterhin eine deutliche Dominanz der Big 3 zu erkennen. Von den untersuchten Unternehmen werden 83.6% von Big 3-Gesellschaften geprüft. Deren Marktanteil am Revisionshonorar beträgt 96.7%. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich der Revisionsmarkt für mittlere und kleine Revisionsgesellschaften öffnen wird: Wechselt nämlich ein Unternehmen die Revisionsstelle, folgt in den meisten Fällen eine ebenfalls grosse Revisionsgesellschaft. Insgesamt haben im Jahr 2022 15 Unternehmen ihre Revisionsstelle gewechselt. Darunter sind die SMI-Gesellschaften Novartis, Sika und Holcim. Dies führte (erneut) zu einer starken Verschiebung der Honorare zwischen den Revisionsgesellschaften, mit zum Teil umgekehrten Vorzeichen gegenüber den Vorjahren, was auf eine unverändert hohe Dynamik im Markt schliessen lässt.

Während bei den Revisionshonoraren insgesamt eine moderate Zunahme zu beobachten war, sank das Honorar bei 6 der 15 Unternehmen, die ihre Revisionsstelle gewechselt haben. Wird der gesamten Untersuchungszeitraum 2013 – 2020 betrachtet, so ist von insgesamt 98 Revisionsstellenwechseln bei 55 Unternehmen das Honorar niedriger als vor dem Wechsel. Dies veranschaulicht, dass der Revisionsmarkt trotz der erwähnten Konzentration ein Verdrängungsmarkt ist. Ob in Zukunft dieses Muster angesichts der aktuellen Inflation, des (weltweiten) Fachkräftemangels und der grossen Investitionen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in neue Technologien Bestand hat, darf bezweifelt werden.

Die IFRS bleiben der verbreitetste Rechnungslegungsstandard im SPI (51.2%), gefolgt von den Swiss GAAP FER (35.7%). Dass sich die IFRS auf international tätige Gesellschaften ausrichten, ist an der noch höheren Verbreitung der IFRS im SMI (80%) ersichtlich. Die Tendenz, dass kleinere kotierte Unternehmen von IFRS zu Swiss GAAP FER wechseln, scheint an ein Ende gekommen zu sein. Abgesehen von vereinzelten Ausnahmen wenden grosse börsenkotierte Unternehmen, die oft auch über ein internationales Aktionariat verfügen, IFRS an. Für die anderen, kleineren kotierten Unternehmen erweist sich Swiss GAAP FER angesichts dessen Fokus und geringerer Komplexität als der geeignetere Rechnungslegungsstandard. 

Oberflächlich betrachtet scheint der Markt der Prüfung von kotierten Unternehmen in der Schweiz bei einer langjährigen Betrachtung stabil zu sein: So belief sich das gesamte Volumen für Revisions- und Zusatzhonorare in 2013 auf CHF 682.2 Mio., während es 2022 bei CHF 664.6 Mio. lag. Über 95% davon entfielen während der 10 untersuchten Jahre auf EY, KPMG und PwC. Trotz dieser oligopolistischen Struktur wird bei einer vertiefteren Betrachtung ersichtlich, dass ein grosser Wettbewerb herrscht: Einerseits wechseln von den ca. 215 kotierten Unternehmen – ohne gesetzliche Verpflichtung nota bene – jedes Jahr zwischen 10 bis 15 die Revisionsgesellschaft. Anderseits sind die Wechsel in rund drei Viertel der Fälle mit einer Verringerung des Revisionshonorars verbunden. Wenn ein SMI-Unternehmen die Revisionsstelle wechselt, gehen Honorarvolumina in der Höhe von mehreren Dutzend Millionen Franken von der einen an eine andere Revisionsgesellschaft über – mit entsprechenden Auswirkungen auf die mit dem Swiss Audit Monitor vorgenommenen, stichtagsbezogenen Auswertungen. Ausschreibungen von Revisionsmandaten dürften auch in Zukunft im geschilderten Umfang stattfinden, nicht zuletzt auch aufgrund von entsprechenden Forderungen von (ausländischen) Stimmrechtsberatern. Die Erwartung, dass damit die Dominanz der grossen Wirtschaftsprüfungsunternehmen gebrochen werden kann, bleibt allerdings unerfüllt, ganz im Gegenteil.

1 Disclaimer:
Die Achiko AG und die Talenthouse AG, welche beide per 31.12.2022 im SPI kotiert waren, haben ihren Geschäftsbericht zum Stichtag dieses Reports (22.06.2023) noch nicht veröffentlicht. Es wurden zwecks besserer Vergleichbarkeit deswegen die Vorjahreswerte angenommen. Der dadurch entstehende Fehler ist vernachlässigbar klein (zum Vergleich: Die entrichteten Revisionshonorare der Achiko AG und der Talenthouse AG betrugen im Geschäftsjahr 2021 rund CHF 0.11 Mio. bzw. CHF 0.05 Mio.).
Blackstone Resources, welche per 11. Oktober 2022 offiziell dekotiert wurde, wurde für den Swiss Audit Monitor bereits im letzten Jahr als Dekotierung gewertet, da diese den Geschäftsbericht 2021 nicht mehr veröffentlicht hatten (vgl. Swiss Audit Monitor 2022).

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