7. Juli 2022

Marktstruktur

by Matthias Letsch

Seit dem Untergang von Arthur Anderson im Jahr 2002 dominieren weltweit die grossen vier Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC (sog. Big 4) den Markt. In der Schweiz ist eine ähnliche Struktur zu beobachten, wobei hier bezogen auf den Revisionsmarkt zuweilen gar von den Big 3 (EY, KPMG, PwC) gesprochen wird. Im Hinblick auf die Anzahl Mandate gab es gegenüber dem Vorjahr kaum Änderungen. So haben 2021 von den 215 untersuchten Unternehmen 31 ein Revisionsunternehmen beauftragt, das nicht zu den Big 3 gehört (Vorjahr: 29 von 211 untersuchten Unternehmen) und nur 21 ein Revisionsunternehmen, das nicht zu den Big 4 gehört (Vorjahr: 18 von 211 untersuchten Unternehmen). Bei Betrachtung der Revisionshonorare 2021 wird ersichtlich, dass Deloitte, BDO und die übrigen Non-Big 3-Revisionsgesellschaften leicht an Marktanteilen verloren haben und insgesamt CHF 30.1 Mio. (Vorjahr: CHF 31.3 Mio.) erhielten, was einen Anteil von knapp 5.7% (Vorjahr: 5.8%) am Gesamtvolumen der Revisionshonorare aller SPI-Unternehmen ausmacht (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4 DOMINANZ DER GROSSEN SPI Gesamtvolumen Revisionshonorar PwC, EY, KPMG, Deloitte & BDO

Die Dominanz der Big 4-Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC variiert länderspezifisch. In der Vergangenheit dominierten in der Schweiz die Big 3 (EY, KPMG, PwC) klar den Markt.

EXKURS: Oligopol

Die EU versucht das Oligopol der Big 4, u. a. mit der zwingenden externen Rotation der Revisionsstelle, aufzubrechen. Diese sieht vor, dass eine Ausschreibung des Mandats für die Revisionsstelle nach spätestens zehn Jahren erfolgen muss und dieselbe Revisionsgesellschaft maximal 20 Jahre in einem Unternehmen wirkt. Jedoch ist zu bezweifeln, ob die externe Rotationspflicht zu einer geringeren Konzentration im Markt führen wird. In der Schweiz ist ein ähnliches Verhalten wie auch im Ausland festzustellen: gelangt ein Revisionsmandat einer Big 4 zur Ausschreibung, folgt in der Regel auf eine Big 4 eine andere. Kleinere Revisionsunternehmen kommen nur in Ausnahmefällen zum Zuge. Dies trifft auch auf Neukotierungen zu. Dort wurden vier von sechs Unternehmen bei einem Börsengang im Jahr 2021 von Big 3-Revisionsgesellschaften geprüft (Vorjahr: zwei von drei).

EXKURS: Rotationspflicht

In der Diskussion zur externen Rotationspflicht kommt die Tatsache zu kurz, dass ein Oligopol nicht zwingend zu mangelndem Wettbewerb oder Preisabsprachen führt. So sind die Revisionshonorare bei den SMI-Unternehmen mehrheitlich stabil und Unternehmen wechseln auch ohne gesetzliche Pflicht die Revisionsstelle. Ausserdem verfügen kleinere Revisionsunternehmen oft nicht über das erforderliche internationale Netzwerk und können sich kaum die immer wichtigeren und grösseren Investitionen in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur (z. B. für aufwändige Datenanalysen) leisten. Aus diesen Gründen wird ein weltweit tätiger Grosskonzern kaum auf die Dienste einer Big 4-Revisionsgesellschaft verzichten können.

Bei einer näheren Betrachtung der Anzahl Mandate pro Revisionsgesellschaft (vgl. Abbildung 5) ist ersichtlich, dass seit Beginn der Erhebung vor neun Jahren PwC als Marktleader netto 16 Mandate verloren, EY netto ein Mandat verloren, KPMG acht gewonnen und Deloitte eines verloren hat. BDO und die übrigen Revisionsgesellschaften zusammen notierten einen Zugang von netto 15 Mandaten.

Per Ende 2021 prüfte PwC damit 80 SPI-Unternehmen, KPMG 54, EY 50, BDO 13 und Deloitte 10. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in den folgenden Abbildungen nur die letzten vier Jahre dargestellt.

Abbildung 5 REVISIONSKUNDEN 2018-2021 SPI Jeweils zum 31.12. des Jahres (Kotierungen und Dekotierungen sind auch enthalten)

Anzahl Mandate

Anders verhält es sich bei der Betrachtung des Gesamtvolumens an Revisions- und Zusatzhonoraren (vgl. Abbildung 6). Im untersuchten Zeitraum seit 2013 sank der Umsatz von PwC netto um CHF 42.1 Mio. (CHF 258.9 Mio. im Jahr 2013 bzw. CHF 216.8 Mio. im Jahr 2021), wobei die Reduktion insbesondere aus dem Jahr 2021 stammt, da gleich zwei SMI Unternehmen (Swiss RE und Zurich Insurance) von PwC zu anderen Revisionsstellen wechselten. EY durfte zwischen 2013 (CHF 207.2 Mio.) und 2021 (CHF 221.5 Mio.) im Marktsegment der SPI-Unternehmen einen Gewinn von CHF 14.3 Mio. verzeichnen. Der Anteil von KPMG am Gesamtvolumen von 2013 (CHF 193.0 Mio.) sank auf CHF 156.3 Mio., was einer Reduktion von CHF 36.7 Mio. entspricht. Das Gesamtvolumen von Deloitte stieg von CHF 21.7 Mio. (2013) leicht auf CHF 27.1 Mio., jenes von BDO von CHF 0.4 Mio. (2013) auf CHF 4.3 Mio.

Gemessen am Gesamtvolumen an Revisions- und Zusatzhonoraren führt PwC erstmals seit Beginn der Studie die Rangliste nicht mehr an. Im Jahr 2021 verzeichnete EY mehr Honorarvolumen als PwC. Zu erwähnen ist hierbei jedoch, dass PwC bei den Revisionshonoraren nach wie vor die Nummer eins ist. Der starke Rückgang bei PwC ist getrieben durch die Wechsel von Zurich Insurance (zu EY) und Swiss RE (zu KPMG).

Auch in Zukunft dürfte eine gewisse Dynamik bestehen bleiben. So hat Novartis (Revisionshonorar 2021: CHF 20.3 Mio.) für das Geschäftsjahr 2022 die Revisionsstelle gewechselt (von PwC zu KPMG).

Abbildung 6 GESAMTHONORARE BIG 4 SPI

in CHF Mio.

EXKURS: Beratungshonorare

Aufgrund gesetzlicher Vorschriften sowie der Richtlinie betreffend Information zur Corporate Governance der SIX Exchange Regulation müssen kotierte Unternehmen im Anhang die Honorare für Revisionsdienstleistungen und jene für andere Dienstleistungen offenlegen. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Erhebungen des Swiss Audit Monitor. Zu berücksichtigten ist weiter, dass es sich um die weltweit bezahlten Honorare handelt. Honorare für andere Dienstleistungen müssen aus Unabhängigkeitsüberlegungen aber nur offengelegt werden, wenn diese an das Revisionsunternehmen bezahlt werden. Beratungshonorare, die an ein Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen entrichtet werden, welches nicht als Revisionsstelle amtet, werden daher nicht öffentlich gemacht und vom Swiss Audit Monitor nicht erfasst.

Aufgrund der zum Teil langen Mandatsdauern in der Schweiz und den diametral entgegenstehenden Entwicklungen in der Europäischen Union sind weitere Revisionsstellenwechsel bei kotierten Unternehmen zu erwarten – mit entsprechenden Auswirkungen auf die erläuterten, stichtagsbezogenen Zahlen.

Abbildung 7 DURCHSCHNITTSHONORARE PRO BIG 4 GESELLSCHAFT SPI

in CHF Mio.

Die untenstehende Tabelle zeigt, durch welche Faktoren die Veränderung des Volumens der Revisionshonorare bei den einzelnen Revisionsunternehmen beeinflusst wird: Es gab keine wesentlichen Neu- oder Dekotierungen, jedoch gab es sehr viele Bewegungen in den bestehenden Mandaten. Der grösste Effekt stammt, wie bereits erwähnt, von den zwei SMI Unternehmen Swiss RE und Zurich Insurance.

Die Veränderungen aufgrund eines Revisionsstellenwechsels werden im nächsten Abschnitt analysiert (in TCHF).

WordPress Data Table Plugin