3. Juni 2021

Marktstruktur

by Luca Bachmann

Seit dem Untergang von Arthur Anderson im Jahr 2002 dominieren weltweit die grossen vier Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC (sog. Big 4) den Markt. In der Schweiz ist eine ähnliche Struktur zu beobachten, wobei hier bezogen auf den Revisionsmarkt zuweilen gar von den Big 3 (EY, KPMG, PwC) gesprochen wird. Im Hinblick auf die Anzahl Mandate gab es gegenüber dem Vorjahr kaum Änderungen. So haben 2020 von den 211 untersuchten Unternehmen 29 ein Revisionsunternehmen beauftragt, das nicht zu den Big 3 gehört (Vorjahr: 30 von 212 untersuchten Unternehmen) und nur 18 ein Revisionsunternehmen, das nicht zu den Big 4 gehört (Vorjahr: 18 von 212 untersuchten Unternehmen). Bei Betrachtung der Revisionshonorare 2020 wird ersichtlich, dass Deloitte, BDO und die übrigen Non-Big 3-Revisionsgesellschaften leicht an Marktanteilen verloren haben und insgesamt CHF 31.3 Mio. (Vorjahr: CHF 37.9 Mio.) erhielten, was einen Anteil von knapp 5.8% (Vorjahr: 6.6%) am Gesamtvolumen der Revisionshonorare aller SPI-Unternehmen ausmacht (vgl. Abbildung 4).

 

Abbildung 4 DOMINANZ DER GROSSEN SPI Gesamtvolumen Revisionshonorar PwC, EY, KPMG, Deloitte & BDO

Die Dominanz der Big 4-Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC variiert länderspezifisch. In der Vergangenheit haben in der Schweiz die Big 3 (EY, KPMG, PwC) den Markt klar dominiert.

EXKURS: Oligopol

Die EU versucht das Oligopol der Big 4 u. a. mit der zwingenden externen Rotation der Revisionsstelle aufzubrechen. Diese sieht vor, dass eine Ausschreibung des Mandats für die Revisionsstelle nach spätestens zehn Jahren erfolgen muss und dieselbe Revisionsgesellschaft maximal 20 Jahre in einem Unternehmen wirkt. Jedoch ist zu bezweifeln, ob die externe Rotationspflicht zu einer geringeren Konzentration im Markt führen wird. In der Schweiz ist ein ähnliches Verhalten wie bereits im Ausland festzustellen: gelangt ein Revisionsmandat einer Big 4 zur Ausschreibung, folgt in der Regel auf eine Big 4 eine andere. Kleinere Revisionsunternehmen kommen nur in Ausnahmefällen zum Zuge. Dies trifft auch auf Neukotierungen zu. Dort werden zwei von drei Unternehmen mit einem Börsengang im Jahr 2020 von Big 3-Revisionsgesellschaften geprüft (Vorjahr: fünf von sechs).

EXKURS: Rotationspflicht

In der Diskussion zur externen Rotationspflicht kommt die Tatsache zu kurz, dass ein Oligopol nicht zwingend zu mangelndem Wettbewerb oder Preisabsprachen führt. So sind die Revisionshonorare bei den SMI-Unternehmen mehrheitlich stabil und Unternehmen wechseln auch ohne gesetzliche Pflicht die Revisionsstelle. Ausserdem verfügen kleinere Revisionsunternehmen oft nicht über das erforderliche internationale Netzwerk und können sich kaum die immer wichtigeren und grösseren Investitionen in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur (z. B. für aufwändige Datenanalysen) leisten. Aus diesen Gründen wird ein weltweit tätiger Grosskonzern kaum auf die Dienste einer Big 4-Revisionsgesellschaft verzichten können.

 

Bei einer näheren Betrachtung der Anzahl Mandate pro Revisionsgesellschaft (vgl. Abbildung 5) ist ersichtlich, dass seit Beginn der Erhebung vor acht Jahren PwC als Marktleader netto zehn Mandate und EY netto ein Mandat verloren, KPMG und Deloitte netto weder Zu- noch Abgänge zu verzeichnen hatten, während BDO und die übrigen Revisionsgesellschaften zusammen einen Zugang von netto zwölf Mandaten notierten.

Per Ende 2020 prüfte PwC damit 86 SPI-Unternehmen, EY 50, KPMG 46, BDO und Deloitte je elf. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in den folgenden Abbildungen nur die letzten vier Jahre dargestellt.

Abbildung 5 REVISIONSKUNDEN 2017-2020 SPI Jeweils zum 31.12. des Jahres (Kotierungen und Dekotierungen sind auch enthalten)

Anzahl Mandate

Anders verhält es sich bei der Betrachtung des Gesamtvolumens an Revisions- und Zusatzhonoraren (vgl. Abbildung 6). Im untersuchten Zeitraum seit 2013 hat PwC trotz einem anzahlmässigen Rückgang an Mandaten den Umsatz netto um CHF 29.8 Mio. erhöht (CHF 258.9 Mio. im Jahr 2013 bzw. CHF 288.7 Mio. im Jahr 2020). EY hat zwischen 2013 (CHF 207.2 Mio.) und 2020 (CHF 183.0 Mio.) im Marktsegment der SPI-Unternehmen einen Verlust von CHF 24.2 Mio. hinnehmen müssen. Während der Anteil von KPMG am Gesamtvolumen von 2013 (CHF 193.0 Mio.) bis 2019 kontinuierlich zunahm, wurde im Berichtsjahr aufgrund des Wechsels der zwei SMI-Gesellschaften Nestlé und CS eine Reduktion um nicht weniger als CHF 122.1 Mio. verzeichnet. Das Gesamtvolumen von Deloitte stieg von CHF 21.7 Mio. (2013) leicht auf CHF 30.3 Mio., jenes von BDO von CHF 0.4 Mio. (2013) auf CHF 3.1 Mio.

Damit haben sich die Verhältnisse per Ende 2020 deutlich verschoben. Auch in Zukunft dürfte diese Dynamik bestehen bleiben. So hat Swiss Re (Revisionshonorar 2020: CHF 28.8 Mio.) für das Geschäftsjahr 2021 die Revisionsstelle gewechselt (von PwC zu KPMG).

Abbildung 6 GESAMTHONORARE BIG 4 SPI

in CHF Mio.

EXKURS: Beratungshonorare

Aufgrund von gesetzlichen Vorschriften sowie der Richtlinie zur Information zur Corporate Governance der SIX Exchange Regulation müssen kotierte Unternehmen im Anhang die Honorare für Revisionsdienstleistungen und jene für andere Dienstleistungen offen legen. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Erhebungen des Swiss Audit Monitor. Zu berücksichtigten ist weiter, dass es sich um die weltweit bezahlten Honorare handelt. Honorare für andere Dienstleistungen müssen aus Unabhängigkeitsüberlegungen aber nur offengelegt werden, wenn diese an das Revisionsunternehmen bezahlt werden. Beratungshonorare, die an ein Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen entrichtet werden, welches nicht als Revisionsstelle amtet, werden daher nicht öffentlich gemacht und vom Swiss Audit Monitor nicht erfasst.

 

Aufgrund der zum Teil langen Mandatsdauern in der Schweiz und den diametral entgegenstehenden Entwicklungen in der Europäischen Union sind weitere Revisionsstellenwechsel bei kotierten Unternehmen zu erwarten – mit entsprechenden Auswirkungen auf die erläuterten, stichtagsbezogenen Zahlen.

Abbildung 7 DURCHSCHNITTSHONORARE PRO BIG 4 GESELLSCHAFT SPI

in CHF Mio.

Die untenstehende Tabelle zeigt, durch welche Faktoren die Veränderung des Volumens der Revisionshonorare bei den einzelnen Revisionsunternehmen beeinflusst wird: Es gab keine wesentlichen Neukotierungen, jedoch nahm das Volumen von Deloitte aufgrund der Dekotierung von Pargesa (Revisionshonorar im Vorjahr: CHF 6.7 Mio.) deutlich ab.

Bei bestehenden Mandaten kam es durch die bereits erwähnten Wechsel von Nestlé (von KPMG zu EY) und Credit Suisse (von KPMG zu PwC) zu massiven Verschiebungen. Die Veränderungen aufgrund eines Revisionsstellenwechsels werden im nächsten Abschnitt analysiert.

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