26. Juni 2020

Marktstruktur

by Luca Bachmann

Seit dem Untergang von Arthur Anderson im Jahr 2002 dominieren die grossen vier Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC (sog. Big 4) weltweit den Markt. In der Schweiz ist eine ähnliche Struktur zu beobachten, wobei hier bezogen auf den Revisionsmarkt zuweilen gar von den Big 3 (EY, KPMG, PwC) gesprochen wird. Verglichen mit den Vorjahren ist, zumindest bei der Anzahl Mandate, eine geringfügige Abnahme des Anteils der Big 3 bzw. Big 4 im Schweizer Markt feststellbar. So haben 2019 von den 212 untersuchten Unternehmen 30 ein Revisionsunternehmen beauftragt, das nicht zu den Big 3 gehört (Vorjahr: 25 von 210 untersuchten Unternehmen) und 18 ein Revisionsunternehmen, das nicht zu den Big 4 gehört (Vorjahr: 15 von 210 untersuchten Unternehmen). Bei Betrachtung der Revisionshonorare 2019 wird ersichtlich, dass Deloitte, BDO und die übrigen Non-Big 3-Revisionsgesellschaften leicht an Marktanteilen verloren haben und insgesamt CHF 37.9 Mio. (Vorjahr: CHF 40.3 Mio.) erhielten, was einen Anteil von knapp 6.6% (Vorjahr: 7.1%) am Gesamtvolumen der Revisionshonorare aller SPI-Unternehmen ausmacht (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4 DOMINANZ DER GROSSEN SPI Gesamtvolumen Revisionshonorar PwC, EY, KPMG, Deloitte & BDO

Die Dominanz der Big 4-Revisionsgesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC variiert länderspezifisch. In der Vergangenheit haben in der Schweiz die Big 3 den Markt klar dominiert.

 

EXKURS: Oligopol

Die EU versucht das Oligopol der Big 4 u.a. mit der zwingenden externen Rotation der Revisionsstelle aufzubrechen. Diese sieht vor, dass eine Ausschreibung des Mandats für die Revisionsstelle nach spätestens zehn Jahren erfolgen muss und dieselbe Revisionsgesellschaft maximal 20 Jahre Revisionsstelle eines Unternehmens sein kann. Jedoch ist zu bezweifeln, ob die externe Rotationspflicht zu einer geringeren Konzentration im Markt führen wird. In der Schweiz ist ein ähnliches Verhalten wie bereits im Ausland festzustellen: gelangt ein Revisionsmandat einer Big 4 zur Ausschreibung, folgt in der Regel einer Big 4 eine andere Big 4. Kleinere Revisionsunternehmen kommen nur in Ausnahmefällen zum Zuge. Ein Bild, das auch auf Neukotierungen zutrifft. Dort werden fünf von sechs Unternehmen mit einem Börsengang im Jahr 2019 von Big 3-Revisionsgesellschaften geprüft.

EXKURS: Rotationspflicht

In der Diskussion zur externen Rotationspflicht kommt die Tatsache zu kurz, dass ein Oligopol nicht zwingend zu mangelndem Wettbewerb oder Preisabsprachen führt. So sind die Revisionshonorare bei den SMI-Unternehmen mehrheitlich stabil und Unternehmen wechseln auch ohne gesetzliche Pflicht die Revisionsstelle. Ausserdem verfügen die kleineren Revisionsunternehmen oft nicht über das erforderliche internationale Netzwerk und können sich die immer wichtigeren und grösseren Investitionen in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur (z.B. für aufwändige Datenanalysen) kaum leisten. Aus diesen Gründen wird ein weltweit tätiger Grosskonzern kaum auf die Dienste einer Big 4-Revisionsgesellschaft verzichten können.

 

Bei einer näheren Betrachtung der Anzahl der Mandate pro Revisionsgesellschaft (vgl. Abbildung 5) ist ersichtlich, dass PwC als Marktleader in den vergangenen sieben Jahren netto zehn Mandate und EY netto zwei Mandate verloren haben, während KPMG und Deloitte einen Zugang von netto einem sowie BDO netto von neun Mandaten verzeichnen konnten. Per Ende 2019 prüfte PwC damit 86 SPI-Unternehmen, EY 49, KPMG 47, BDO 12 und Deloitte ebenfalls 12.

Abbildung 5 REVISIONSKUNDEN 2016-2019 SPI Jeweils zum 31.12. des Jahres (Kotierungen und Dekotierungen sind auch enthalten)

Anzahl Mandate

Ein anderes Bild ergibt sich bei Betrachtung des Gesamtvolumens an Revisions- und Zusatzhonoraren (vgl. Abbildung 6). Im untersuchten Zeitraum hat PwC trotz einem anzahlmässigen Rückgang an Mandaten den Umsatz gehalten (CHF 258.9 Mio. in 2013 bzw. CHF 260.5 Mio. in 2019). EY hat zwischen 2013 und 2019 im Marktsegment der SPI-Unternehmen einen Verlust von CHF 53.8 Mio. hinnehmen müssen, während KPMG eine Steigerung des Umsatzes mit SPI-Unternehmen von CHF 193.0 Mio. (2013) auf CHF 253.2 Mio. (2019) verzeichnen konnte. Das Gesamtvolumen von Deloitte nahm von CHF 21.7 Mio. (2013) auf CHF 37.6 Mio., jenes von BDO von CHF 0.4 Mio. (2013) auf CHF 3.1 Mio. zu.

Abbildung 6 GESAMTHONORARE BIG 4 SPI

in CHF Mio.

Die Verhältnisse zeigen sich im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr relativ stabil. Dabei handelt es sich um eine zeitpunktbezogene Bestandesaufnahme, die sich in den kommenden Jahren verändern dürfte: So ist bereits bekannt, dass u.a. Credit Suisse (Revisionshonorar 2019: CHF 56.0 Mio.) und Nestlé (Revisionshonorar 2019: CHF 37.0 Mio.) für das Geschäftsjahr 2020 sowie Swiss Re (Revisionshonorar 2019: CHF 30.8 Mio.) für das Geschäftsjahr 2021 die Revisionsstelle wechsel werden. Aufgrund der zum Teil langen Mandatsdauern in der Schweiz und den diametral entgegenstehenden Entwicklungen in der Europäischen Union ist zu erwarten, dass in naher Zukunft Revisionsstellenwechsel bei weiteren kotierten Unternehmen zu verzeichnen sind – mit entsprechenden Auswirkungen auf die erläuterten Zahlen.

Abbildung 7 DURCHSCHNITTSHONORARE PRO BIG 4 GESELLSCHAFT SPI

in CHF Mio.

Die untenstehende Tabelle zeigt, durch welche Faktoren die Veränderung des Volumens der Revisionshonorare bei den einzelnen Revisionsunternehmen beeinflusst wird: PwC konnte netto am meisten von Neukotierungen profitieren. Haupttreiber war hierbei die Kotierung von Alcon mit einem Honorar von CHF 11.6 Mio. Bei bestehenden Mandaten hat das Volumen der Big 4-Gesellschaften – abgesehen von KPMG – bei allen Revisionsunternehmen abgenommen, verhältnismässig am meisten bei Deloitte. Die Veränderungen aufgrund eines Revisionsstellenwechsels werden im nächsten Abschnitt analysiert.

 

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